Exportkreditgarantien (Hermesdeckungen): Wenn Steuerzahler für Wirtschaftsexporte haften...

11. Februar 2024 — Von Stefan Grunewald

Exportkreditgarantien, auch Hermesdeckungen genannt, sind ein Außenwirtschaftsförderinstrument der Bundesrepublik Deutschland. Mit ihnen sichern deutsche Unternehmen ihre Exportgeschäfte gegen wirtschaftliche und politische Risiken ab. Damit haftet der Steuerzahler für Wirtschaftsexporte der Industrie.

Bundesregierung will keine klimaschädliche Exporte absichern

24.07.2023. Die Bundesregierung will keine Exportkreditabsicherungen mehr für Klimaschädliche Technologien garantieren, wie etwa Kohle- oder Ölförderprojekte. Dazu will das Bundeswirtschaftsministerium die Exportkreditabsicherungen über die Allianz Trade (ehemals Euler Hermes AG), auch Hermesdeckungen, umgestalten. Die Bundesregierung will noch die "Meinungen" von Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften einholen.

Im Jahr 2022 hat der Bund mit Exportkreditgarantien Lieferungen und Leistungen in Höhe von 14,9 Milliarden Euro gegen Risiken abgesichert.

Der Bund trägt das Exportrisiko

Mit Hermesdeckungen können deutsche Unternehmen ihre Exportgeschäfte gegen politische wie wirtschaftliche Risiken absichern. Durch die Übernahme einer Exportkreditgarantie durch den Bund wird das Risiko eines Zahlungsausfalls zu einem großen Teil auf die Bundesrepublik übertragen. Hierfür zahlen die Unternehmen eine Prämie gemäß des abzusichernden Risikos. Im Falle eines Schadens entschädigt sie der Bund in Höhe der gedeckten Forderung.

Exportkreditgarantien des Bundes stehen nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums grundsätzlich allen Exportunternehmen und exportfinanzierenden Banken mit Sitz in Deutschland zur Verfügung — unabhängig von der Größe des Unternehmens oder der Höhe des zu deckenden Auftrags. Maßgeblich seien die Förderungswürdigkeit und ob ein Geschäft risikoadäquat sei, das heißt ein schadensfreier Verlauf realistisch sei.

Als förderungswürdig gelten Lieferungen und Leistungen, die unter anderem der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in Deutschland sowie der Erschließung neuer Absatzmärkte dienen. Als besonders förderungswürdig sieht der Bund Geschäfte von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) an.

Allgemeines

Die Bundesregierung beauftragte 1949 die heutige Allianz Trade (damals Euler Hermes) mit der Bearbeitung der Exportkreditgarantien. Diese sind auch unter dem historisch gewachsenen Begriff "Hermesbürgschaften" bekannt. Durch die Angleichung der Allgemeinen Bedingungen für Geschäfte mit privaten Schuldnern (hermesgedeckte Garantien) und öffentlich-rechtlichen Schuldnern (hermesgedeckte Bürgschaften) am 1. April 2011 entfiel der Begriff der Hermesbürgschaften. Heute hat sich der Begriff "Hermesdeckungen" für die Exportkreditgarantien des Bundes etabliert.

Die private Versicherungswirtschaft bietet für viele Exporte, vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländer, keine ausreichende Absicherung gegen Forderungsausfälle an. Insbesondere Ausfuhren in Länder mit erhöhten Risiken — und hier hauptsächlich Investitionsgeschäfte mit längeren Kreditlaufzeiten — lassen sich oft nur mit Hilfe von Hermesdeckungen realisieren. Die Bundesregierung springt also mit den Exportkreditgarantien dort ein, wo die private Versicherungswirtschaft keinen Versicherungsschutz anbietet.

Hermesdeckungen schützen deutsche Unternehmen vor Verlusten durch ausbleibende Zahlungen ihrer ausländischen Geschäftspartner: Zahlt der ausländische Abnehmer nicht, tritt der deutsche Staat ein. Dank dieses staatlichen Außenwirtschaftsförderinstruments können Handelsbeziehungen mit dem Ausland auch im Falle erhöhter Risiken aufrechterhalten werden.

Alle Industrieländer und zunehmend auch Schwellenländer haben staatliche Exportkreditversicherungssysteme zur Förderung der einheimischen Exportwirtschaft aufgebaut. Deutsche Exporteure erhalten somit Chancengleichheit im internationalen Wettbewerb.

Kriterien für die Übernahme von Exportkreditgarantien

Hermesdeckungen stehen — unabhängig von der Größe des Unternehmens und des Geschäfts — allen Exportunternehmen mit Sitz in Deutschland zur Verfügung. Dabei dient das Deckungsinstrument insbesondere der Förderung von kleinen und mittelständischen Unternehmen.

Seit 2002 werden wirtschaftliche und politische Risiken bei Außenhandelsgeschäften mit Kreditlaufzeiten von bis zu zwei Jahren in Ländern der EU sowie den Kernländern der OECD als marktfähig angesehen. Ausnahmen bestehen für die Länder Chile, Israel, Südkorea, Mexiko und die Türkei. Marktfähig bedeutet, dass private Kreditversicherer ausreichende und dauerhafte Absicherungslösungen anbieten können. Im Sinne dieses Subsidiaritätsprinzips werden deshalb keine Hermesdeckungen in diesem Bereich angeboten.

Die Bundesregierung nimmt grundsätzlich nur förderungswürdige Exporte mit vertretbarem Risiko in Deckung. Kriterien der Förderungswürdigkeit sind

Die Bundesregierung sieht zuerst einmal alle Exportgeschäfte als förderungswürdig an, da sie für die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland bedeutsam sind, auch wenn sie keine besonderen Kriterien erfüllen. Stehen die Geschäfte allerdings wichtigen Interessen der Bundesrepublik entgegen, sind sie nicht förderungswürdig.

Eine weitere wichtige Voraussetzung für die Übernahme einer Hermesdeckung ist die risikomäßige Vertretbarkeit. Bei der Antragstellung muss also die Aussicht auf einen schadenfreien Verlauf des Exportgeschäfts bestehen. Hierbei werden nicht nur die Kreditwürdigkeit des ausländischen Abnehmers oder Kreditnehmers berücksichtigt, sondern auch die politischen Risiken und das jeweilige Länderrisiko.

Daher überprüft die Euler Hermes Aktiengesellschaft nach der Antragstellung die Bonität des ausländischen Abnehmers und sein Zahlungsverhalten. Selbst wenn die Bonität nicht ausreicht, kann das Geschäft durch zusätzliche Sicherheiten mit Staats- oder Bankgarantien deckungsfähig sein. Im Einzelfall können auch risikoreichere Exportgeschäfte abgesichert werden, wenn sie besonders förderungswürdig sind.

Interministerieller Ausschuss

Der Interministerielle Ausschuss für Exportkreditgarantien (IMA) hat eine Schlüsselposition: Er entscheidet nicht nur über die Vergabe von Hermesdeckungen bei großen Exportgeschäften, sondern legt auch die Deckungspolitik für die einzelnen Länder fest und entwickelt das Instrumentarium der Exportkreditgarantien weiter.

Im IMA sind vier Ministerien vertreten: das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das Bundesministerium der Finanzen, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die Federführung liegt beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Die Entscheidung über die Absicherung eines Geschäfts wird von den vier IMA-Ressorts im Konsens getroffen. Sachverständige aus der Wirtschaft, dem Bankgewerbe und für die Exportwirtschaft wichtigen Institutionen sowie die Euler Hermes Aktiengesellschaft nehmen an den Sitzungen des IMA beratend teil.

In Abhängigkeit vom Volumen des zur Deckung beantragten Geschäfts sind unterschiedliche Institutionen für die Entscheidung über die Absicherung zuständig: Der IMA entscheidet über Geschäfte ab einer Größenordnung von 10 Millionen Euro. Für Deckungsanträge zwischen fünf und zehn Millionen Euro ist der Kleine Interministerielle Ausschuss (KLIMA) zuständig. Über Anträge bis zu fünf Millionen Euro entscheidet die Euler Hermes Aktiengesellschaft entsprechend den Weisungen und unter der Kontrolle der Bundesregierung.

Zur Risikosteuerung kann der IMA einen Plafond festlegen. Dabei handelt es sich um einen Deckungsrahmen für Länder mit erhöhten politischen Risiken, mit dem sich das Risiko steuern oder begrenzen lässt. Die Euler Hermes Aktiengesellschaft darf bis zur Höhe des Plafonds Exportkreditgarantien vergeben. Die Auftragswerte der einzelnen Hermesdeckungen werden auf die einzelnen Plafonds angeschrieben, bis sie ausgeschöpft sind. Sobald die Geschäfte enthaftet sind, können neue Deckungen übernommen werden. Enthaftet bedeutet, dass das Geschäft abgewickelt wurde und folglich die Hermesdeckung ausgelaufen ist.

Wirtschaftliche Bedeutung von Hermesdeckungen

Hermesdeckungen schützen vor Zahlungsausfällen aus wirtschaftlichen und politischen Gründen bei Lieferungen in schwierige und risikoreiche Märkte. Dadurch ermöglichen sie deutschen exportorientierten Unternehmen die Erschließung neuer Märkte und die Aufrechterhaltung von bestehenden Kundenbeziehungen.

Eine Studie des Münchener ifo Instituts belegt, dass Hermesdeckungen deutsche Exporte fördern und Arbeitsplätze in Deutschland sichern. Im Jahr 2012 unterstützten Exportkreditgarantien bis zu 200.000 Arbeitsplätze. Dies zeigt die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegebene Studie vom ifo Institut. Demnach kommen auf jeden an der Produktion von hermesgedeckten Gütern beteiligten Beschäftigten noch einmal 1,5 Beschäftigte in deutschen Zulieferbetrieben hinzu.

50 Prozent des Beschäftigungseffekts sind kleinen und mittelständischen Unternehmen zuzurechnen. Sie sind allerdings nicht nur auf die durch Hermesdeckungen ermöglichten Exportgeschäfte zurückzuführen, sondern auch auf Folgegeschäfte, die sich im Anschluss ergeben und ohne Exportkreditgarantien umgesetzt werden. Vor allem bei Großprojekten und im Anlagenbau lassen sich Exportgeschäfte ohne Hermesdeckungen häufig nicht realisieren. Bei internationalen Geschäften sind nicht nur die Exportprodukte per se, sondern auch die dazugehörigen Finanzierungspakete ein zunehmend wichtiger Wettbewerbsfaktor.

Für Entwicklungs- und Schwellenländer sind Exportkreditgarantien von großer Bedeutung, da sie Zugang zu neuesten Technologien aus den Industrieländern erhalten. Mit Hilfe der Hermesdeckungen können sie außerdem Infrastrukturprojekte finanzieren und durchführen — die Basis für ihre wirtschaftliche Entwicklung.

Politische und wirtschaftliche Ursachen für Zahlungsausfälle

Hermesdeckungen schützen die exportierenden Unternehmen vor politisch und wirtschaftlich bedingten Zahlungsausfällen.

Zu den politischen Ursachen gehören Zahlungsausfälle durch

Auch die Verluste von Waren vor Gefahrübergang infolge politischer Umstände gehören zu den gedeckten politischen Risiken. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Ware beim Käufer beschlagnahmt oder beschädigt wurde. Ebenfalls gedeckt sind Zahlungsausfälle, die entstehen, weil bestimmte politische Ereignisse die Vertragserfüllung nicht zulassen.

Zu den wirtschaftlichen Ursachen gehören:

Absicherungen für Banken

Auch Banken können Hermesdeckungen in Anspruch nehmen. Sie sichern damit Darlehensforderungen ab, die aus der Finanzierung von deutschen Exportgeschäften entstehen.

Kosten

Die deutsche Exportkreditversicherung soll sich langfristig selbst tragen. Mit diesem Grundsatz unterbindet die Bundesregierung eine Subventionierung der deutschen Exporte und trägt dazu bei, dass der internationale Wettbewerb nicht verzerrt wird.

Die Kosten für die Absicherung eines Exportkredits setzen sich aus der Antragsgebühr (Bearbeitungsgebühr für den Antrag) und dem Entgelt für die Absicherung zusammen. Eine Versicherungssteuer fällt nicht an.

Die Gebühren hängen von der Höhe des Auftragswerts bzw. Darlehensbetrags ab. Sie werden für den entstehenden Aufwand erhoben. Die Antragsgebühr wird einmalig erhoben, wenn der Exporteur einen Antrag stellt.

Darüber hinaus zahlen die Deckungsnehmer ein Entgelt, das dem Risiko entspricht und den Hauptteil der Kosten ausmacht. In die Berechnung des Entgelts fließen verschiedene Faktoren mit ein, wie die Risikolaufzeit, das Länder- und Käuferrisiko, aber auch die Selbstbeteiligung des Exporteurs und gegebenenfalls vorhandene Sicherheiten.

Die Risikolaufzeit gibt die Länge des Zeitraums an, den die Bundesregierung im Risiko steht. Sie ist abhängig von der Laufzeit des Geschäfts, der Deckungsart und den Zahlungsbedingungen.

Wesentlich für die Berechnung des Entgelts ist das Länderrisiko , das für jedes Land einmal jährlich auf OECD-Ebene bewertet wird. Mit Hilfe eines makroökonomischen Modells werden die Staaten in eine von acht Risikokategorien von 0 bis 7 eingestuft, wobei Kategorie 7 das höchste Risiko mit dem höchsten Entgelt bedeutet. Diese Ländereinstufungen sind für alle OECD-Mitgliedstaaten verbindlich. Die Hocheinkommensländer der OECD und der Eurozone werden in keiner Länderkategorie erfasst. Für sie und die Länder der Kategorie 0 wird ein marktgerechtes Entgelt erhoben.

Darüber hinaus wird das Entgelt durch das Käuferrisiko bestimmt. Die Bonität des ausländischen Bestellers wird dabei u. a. aufgrund externer Ratings bewertet und einer Kategorie zugewiesen. Die Anzahl der Käuferkategorien variiert je nach Länderkategorie. Dabei wird unterschieden, ob es sich beim ausländischen Käufer um einen privaten oder staatlichen Besteller handelt.

Auswirkungen auf den Bundeshaushalt

Die Exportkreditgarantien der Bundesrepublik Deutschland gehen nicht in den Jahresabschluss der Euler Hermes Aktiengesellschaft ein, denn sie sind vollständig in den Bundeshaushalt integriert. Einnahmen, wie Entgelte, Gebühren, Rückflüsse und Tilgungen, werden an den Bundeshaushalt abgeführt. Aus diesem werden auch alle Ausgaben, wie Entschädigungsleistungen und Kosten für die Bearbeitung der Exportkreditgarantien, bestritten. 2020 ergab sich ein Überschuss in Höhe von knapp 508 Millionen Euro zugunsten des Bundeshaushalts. Die Hermesdeckungen erreichten damit zum 22. Mal in Folge ein positives Jahresergebnis zugunsten des Bundeshaushalts. Seit 2006 ist die deutsche Exportkreditversicherung nicht mehr defizitär. Bis Ende 2020 hat der Bund mit den Hermesdeckungen einen kumulierten positiven Gesamtsaldo von knapp 6,9 Milliarden Euro erwirtschaftet. Auch die Zinseinnahmen werden an den Bundeshaushalt weitergeleitet. Sie sind bei der Ergebnisrechnung nicht berücksichtigt, da auch die Kosten für die Refinanzierung des Bundes für ausgezahlte Schäden nicht in die Ergebnisrechnung einfließen.

Quellen anzeigen https://de.wikipedia.org/wiki/Hermesdeckungen
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/exportabsicherungen-klimaziele-bundeswirtschaftsministerium-100.html