März 20, 2007
Unfassbar! Richterin erlaubt Gewalt im Namen des Koran!
Eine 26-jährige Mutter mit zwei kleinen Kindern wollte sich scheiden lassen. Das ihr Mann, der wie sie selbst aus Marokko stammt, sie schlug, hatte sogar die Polizei festgestellt, als es im Mai 2006 zu einer handfesten Auseinandersetzung in ihrer gemeinsamen Wohnung kam. Der Mann musste ausziehen — aber der Terror ging weiter: Nach der Trennung drohte ihr Noch-Ehemann der jungen Mutter damit, sie umzubringen.
Eine schnelle Scheidung schien der einzige Ausweg zu sein — das gesetzlich vorgesehene Trennungsjahr wollte die 26-jährige nicht mehr aussitzen. Sobald sie nicht mehr verheiratet sei, werde ihr Mann sie nicht mehr schikanieren, hoffte sie. Gemeinsam mit ihrer Anwältin Barbara Becker-Rojczyk stellte sie im Oktober 2006 beim Frankfurter Amtsgericht deshalb einen Antrag auf vorzeitige Scheidung. Dass die Gewalt und die Morddrohungen einen Härtefall darstellten — nur ein solcher begründet eine vorzeitige Scheidung — schien für Anwältin und Mandantin sicher.
Im Januar 2007 kam dann ein Brief der zuständigen Richterin vom Amtsgericht: Unter Verweis auf den Koran lehnte die Richterin das vorzeitige Scheidungsgesuch ab. „Die Ausübung des Züchtigungsrechts begründet keine unzumutbare Härte gemäß Paragraph 1565 BGB“, zitiert die „Frankfurter Rundschau“ aus dem Schreiben der Richterin. Man müsse schließlich berücksichtigen, dass beide Ehepartner aus dem marokkanischen Kulturkreis stammen würden.
Weil der Koran angeblich Männern erlaube, ihre Frauen zu schlagen, lehnt eine deutsche Richterin das vorzeitige Scheidungsgesuch einer von ihrem Ehemann geschlagenen Frau ab. „Züchtigungsrecht, das heißt für mich: Der Mann darf schlagen“, interpretiert Anwältin Becker-Rojczyk die Begründung der Richterin.
Die Richterin habe ihr klargemacht, an dem Scheidungsantrag festzuhalten mache daher keinen Sinn, so Becker-Rojczyk. Am besten solle ihre Mandantin den Fall auf sich beruhen lassen, bis das Trennungsjahr vorbei sei.
Gemeinsam mit ihrer Mandantin stellte Anwältin Becker-Rojczyk dann einen Befangenheitsantrag an das Gericht — sie habe Zweifel daran, dass die Richterin auf Grund der dargelegten Überzeugung zu einem objektiven Urteil finden könne. Als Antwort erhielt Anwältin Becker-Rojczyk eine dienstliche Erklärung der Richterin. Darin nahm diese ausdrücklich Bezug auf eine Koransure, die die Ehre des Mannes verletzt sieht, wenn sich die Frau unkeusch verhält. „Offensichtlich hält die Richterin es schon für unkeusch, wenn sich meine Mandantin dem westlichen Lebensstil anpasst“, so Becker-Rojczyk.
Dass immer noch nicht über den Befangenheitsantrag entschieden wurde, wundere sie. Schließlich habe sich der Vorfall bereits vor Wochen ereignet. Es passierte nichts — Becker-Rojczyk wandte sich an die Presse, um auf den Fall aufmerksam zu machen. Für Stellungnahmen war das Frankfurter Amtsgericht am Abend nicht mehr erreichbar.
Christa Stolle, Geschäftsführerin der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes ist empört über die Erklärung der Richterin: „Es ist unglaublich, dass eine Richterin in Deutschland sich auf den Koran beruft“, sagt sie. Sie fordert entsprechende disziplinarische Maßnahmen. Die Begründung der Richterin sei ein verheerendes Signal für alle Frauen, die versuchen, sich aus einer Ehe, in der sie Gewalt erleben, zu befreien. „Ein Scheidungsgesuch mit dem Verweis auf den Koran abzulehen, ist jenseits von gut und böse.“
Ein Urteil, ob die terrorisierte Frau, vor Ablauf des Trennungsjahres von ihrem Mann geschieden wird, ist noch nicht gefällt. Zunächst wird der aufsichtsführende Familienrichter am Amtsgericht, Michael Höhler, über den Befangenheitsantrag entscheiden müssen.
Große Hoffnung kann die Anwältin Becker-Rojczyk ihrer Mandantin aber nicht machen. Sie rechnet jedenfalls nicht damit, dass es noch zu einer Verhandlung kommt, bevor das Trennungsjahr Mitte Mai vorbei ist. Sie habe schließlich schon häufig erlebt, dass Scheidungsverfahren künstlich in die Länge gezogen werden, um die Jahresfrist ablaufen zu lassen. Wenn dann noch ein Befangenheitsantrag dazwischen kommt, sei der bürokratische Weg noch weiter, so Becker-Rojczyk.
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