Bundesrepubik Deutschland erklagt sich Domains von deutschen Bürgern. Immer häufiger erklagen sich staatliche Institutionen Domainnamen von deutschen Bürgern mit Hilfe deutscher Gerichte...
Die Bundesrepublik Deutschland erklagte sich am Landgericht Köeln die Domain bag.de (September 2014). Inhaberin war eine Domain-Händlerin. Als Begründung für die Klage wurde angegeben, das die Namenrechte „BAG“ eine Kurzform für Bundesarbeitsgericht sei und durch die Registrierung der Domain habe die Beklagte die Namensrechte verletzt. Die Abkürzung BAG für Bundesarbeitsgericht werde bereits seit 1955 genutzt. Dabei brauchte die staatliche Stelle die Domain gar nicht, denn sie betreibt eine eigene Seite auf der Domain bundesarbeitsgericht.de. Die Beklagte hält entgegen, das die Buchstabenfolge „bag“ vielfältig gebraucht werden könne und eine eindeutige Zuordnung zum Bundesarbeitsgericht sei nicht gegeben. Weiter sei Bag der englischen Begriff für Tasche. Die Klägerin beantragte gegen¨ber dem Landgericht Köln die Unterlassung der Nutzung und die Freigabe der Domain bag.de durch die Beklagte.
Das Landgericht Köln sieht die Ansprüche als begründet an und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung der Nutzung und der Freigabe der Domain, weil sie das Namensrecht der Klägerin verletzt (Urteil vom 26.08.2014, Az.: 33 O 56/14). Die Zeichenfolge BAG dient als Abkürzung für Bundesarbeitsgericht und hätte Namenscharakter. Das Bundesarbeitsgericht sei in den beteiligten Verkehrskreisen unter diesem Namen bekannt. Es liege, so das Gericht weiter, auch eine unberechtigte Namensanmaßung seitens der Beklagten vor, da sie mit Registrierung der Domain das geschützte Namenskürzel des Bundesarbeitsgerichtes nutze, wozu sie nicht befugt war, da ihr selbst kein Namensrecht an dem Begriff zusteht.
Anfang Februar 2011 veröffentlichte eine Bürgerin unter berlin.com im oberen Teil der Homepage eine Beschreibung der Stadt Berlin. Hiergegen wandte sich das Land Berlin und beantragte vor dem Landgericht Berlin, die Beklagte habe es zu unterlassen, die Internet-Domain berlin.com durch Bereithaltung von Informationen über die Hauptstadt Deutschlands zu benutzen und/oder benutzen zu lassen in einer Weise, wie es die Beklagte tut und wie es entsprechend in den Prozessakten wiedergegeben ist. Das Landgericht Berlin wies die Klage zurück (LG Berlin, Az.: 12 O 407/11) und meinte dabei unter anderem, der Kläger genieße Schutz nur für den Begriff „Land Berlin“, nicht jedoch für „Berlin“. Zudem handele es sich bei der Domain berlin.com um eine Ortsbezeichnung mit lediglich beschreibendem Charakter; Berlin sei ein einfaches Wort der deutschen Sprache wie Wald, Strand usw., das ohne Bezug zur Klägerin verwandt werden könne. Dass das Angebot nicht vom Kläger (Land Berlin) betrieben werde, ergäbe sich spätestens aus dem Impressum der Seite. Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte der Kläger (Land Berlin) Berufung zum Kammergericht Berlin ein.
Das Kammergericht Berlin verwarf das Urteil des Landgerichts Berlin und gab der Klage statt, weil eine Namensrechtsverletzung seitens der Beklagten vorlag (KG Berlin, Urteil vom 15.03.2013, Az.: 5 U 41/12). Zunächst stellten sich prozessuale Fragen, wie etwa die nach der Bestimmtheit des Klageantrags. Das Kammergericht meinte, der Klageantrag sei konkret genug, er ziele auf das Verbot einer konkreten Verletzungsform ab: der Beschreibung der Stadt und was sie bietet. Wenn die Informationen über Berlin gegen andere Informationen über die „Hauptstadt Deutschlands“ ausgetauscht würden, läge eine im Kern gleichartige Verletzungshandlung vor. Ein weiterer Punkt war die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers (Land Berlin). Das liegt aus Sicht der Beklagten nicht vor, da eine Namensrechtsverletzung üblicherweise bereits bei Registrierung einer Domain vorliegt, der Kläger sich hier aber lediglich gegen eine konkrete Nutzung der Domain wandte und so sein eigentliches Recht nicht ausschöpfte. Dieses Weniger, so das Kammergericht, nimmt dem Kläger (Land Berlin) jedoch nicht das Recht, sich genau darauf zu beschränken. Die Beklagte, die ihren Sitz in den USA hat, sah ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis auch bei der Vollstreckung, die in den USA sehr schwierig sei. Doch, so das Gericht, sei der Titel jedenfalls in Deutschland durchsetzbar, was ausreiche, um das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen.
Das Kammergericht sah eine unberechtigte Namensanmaßung (Namensrechtsverletzung nach § 12 BGB) seitens der Beklagten und bestätigte den Anspruch des Klägers. Eine Namensrechtsverletzung liegt hier vor, weil aufgrund der Nutzung des Begriffs „Berlin“ in der konkret beanstandeten Gestalt unter dem Domain-Namen berlin.com der Eindruck entsteht, dass der Träger des Namens Berlin hinter diesem Auftritt steht. Damit wird die Funktion des Namens des Klägers als Identitätsbezeichnung beeinträchtigt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist das Land Berlin Träger des Namens Berlin, mit dem sie bereits in der Verfassung von Berlin bezeichnet wird. Berlin ist auch keine Gattungsbezeichnung, sondern der Name des Klägers. Die Domain berlin.com als solche verweist schlagwortartig auf den Betreiber. Auf der Website findet sich kein auf den ersten Blick erkennbarer Hinweis, wonach der Domain-Name eigentlich auf den Inhalt verweisen soll und nicht den Betreiber des Angebots. Die Beklagte gebraucht den Namen auch unbefugt; weder hat sie ein eigenes Recht, noch ein durch Registrierung oder Nutzung der Domain entstandenes Recht nachgewiesen. Weiter besteht, so das Gericht, eine Zuordnungsverwirrung, auch wenn es sich um eine .com-Domain handelt. Diese Endung sagt nichts über den Anbieter/Inhaber aus. Sie steht aus Sicht des normalen Nutzers nicht für „commerce“, wie sie einmal angetreten ist; sie wird gegebenenfalls beispielsweise auch mit „Computer“ oder „communication“ assoziiert. Eine mit dem Domain-Namen entstehende Verwirrung stellt freilich kein Problem dar, wenn sie auf der Website schnell wieder aufgelöst wird. Hier reicht aber der Gang zum Impressum, wie es das LG Berlin angenommen hat, nicht aus. Bei den Angeboten auf der Seite besteht für den Besucher kein Anlass, das Impressum aufzusuchen. Es hat die Gefahr bestanden, dass auch ein durchschnittlich informierter, verständiger und situationsadäquat aufmerksamer Besucher der Seite den Internetauftritt der Beklagten für den des Klägers hält. Internetnutzer sind es seit Jahren gewöhnt, dass auch Städte und Gemeinden .com-Domains nutzen, um den Fremdenverkehr anzukurbeln. Schließlich werden irgendwelche schutzwürdigen Interessen der Beklagten durch die Unterlassung der konkreten Nutzung nicht verletzt. Sie kann die Seite mit angemessenem Aufwand so gestalten, dass sie ihr Angebot weiter anbieten kann und dabei gleichzeitig deutlich macht, dass sich die Seite in Privatbesitz befindet und nicht mit Behörden oder dem Land Berlin verbunden ist. (KG Berlin, Urteil vom 15.03.2013, Az.: 5 U 41/12)
Dem Saarländischen Rundfunk steht nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes gegen den Inhaber der Domain sr.de ein namensrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Löschung zu (BGH, Urteil vom 06.11.2013 — I ZR 153/12). Damit hob der BGH eine Entscheidung der Vorinstanz auf.
Der Kläger (Saarländischer Rundfunk) ist Inhaber der Domain sr.de. Inhalte sind über diese Adresse nicht abrufbar. Der Beklagte benutzt seit Gründung im Jahr 1957 die Buchstabenfolge „SR“ als Abkürzung für seine Unternehmensbezeichnung „Saarländischer Rundfunk“. Er ist Inhaber der als verkehrsdurchgesetzt eingetragenen Wortmarke „SR“. Zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt wandte sich der Beklagte an die DENIC eG und ließ dort einen Dispute-Eintrag für die Domain sr.de eintragen mit der Folge, dass der Kläger diese zwar weiter nutzen, nicht aber auf Dritte übertragen kann. Mit Schreiben vom 13. Januar 2011 forderte der Beklagte zudem den Kläger erfolglos auf, den Domain-Namen freizugeben. Der Kläger hielt den Dispute-Eintrag für unberechtigt und begehrte mit der Klage dessen Löschung. Der Beklagte trat dem entgegen und hat den Kläger widerklagend auf Löschung des Domainnamens in Anspruch genommen. Dabei machte er geltend, dass ihm aus § 12 BGB ältere Rechte an dem Domain-Namen zustünden. Das Landgericht in Frankfurt am Main wies die Klage ab und verurteilte den Kläger antragsgemäß, in die Löschung der Domain gegenüber der DENIC eG einzuwilligen. Auf die Berufung des Klägers wies das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt jedoch die Widerklage ab. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte daraufhin vor dem Bundesgerichtshof die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Die Revision des Beklagten hatte Erfolg (BGH, Urteil vom 06.11.2013 — I ZR 153/12). Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs steht dem Beklagten nach § 12 BGB ein Anspruch auf Löschung der Domain sr.de zu. Der Löschungsanspruch stützte sich zwar nicht schon auf die spezielleren Vorschriften gemäß §§ 5, 15 MarkenG, da der Kläger die Domain bisher nicht im geschäftlichen Verkehr genutzt hat. Wie das OLG hat aber auch der BGH ein Namensrecht des Beklagten aufgrund einer lang andauernden und bundesweiten Benutzung der aus seiner Unternehmensbezeichnung gebildeten Abkürzung „SR“ angenommen. Die Buchstabenfolge verfügt, auch wenn sie nicht als Wort aussprechbar ist, über originäre Unterscheidungskraft. Vor allem aber bejahte der BGH eine unberechtigte Namensanmaßung im Sinne von § 12 Satz 1 Fall 2 BGB. Schon in dem Registrieren eines Namens und der Aufrechterhaltung der Registrierung liegt demnach ein Namensgebrauch vor. Dieser ist auch unbefugt, weil dem Kläger weder ein eigenes prioritätsälteres Namens- oder sonstiges Kennzeichenrecht an der Abkürzung „sr“ zusteht, noch ihm die Benutzung von einem Inhaber eines solchen Rechts gestattet worden war. Auch das Merkmal der Zuordnungsverwirrung ist nach Ansicht des BGH schlie&slig;lich zu bejahen. Während das OLG noch der Auffassung war, dass es dem Beklagten hieran fehle, weil der Bezeichnung „sr“ von 87 Prozent für das Saarland keine bundesweite Bekanntheit zu entnehmen sei, zog der BGH den Schluss, dass jeder Anhaltspunkt für eine bloß regional begrenzte Tätigkeit des Beklagten fehlt, weil die Rundfunkanstalten im Rahmen des ARD-Verbundes erfahrungsgemäß auch Programmbeiträge für eine bundesweite Ausstrahlung produzieren, zumal das Sendegebiet des Beklagten nicht auf das Saarland beschränkt ist. Eine nur regional wirkende Löschung von Domain-Namen ist zudem gar nicht möglich. Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 12 BGB wirkte sich schließlich zu Lasten des Klägers aus, dass er die Domain sr.de nicht selbst nutzen wollte, sondern sich sein Interesse darauf beschränkte, sie zu veräußern; das bloße Interesse des Nichtberechtigten am Weiterverkauf des registrierten und nicht als Adresse einer mit Inhalten versehenen Internetseite verwendeten Domain-Namens ist bei der Prüfung eines namensrechtlichen Löschungsanspruchs nicht schutzwürdig.
Der Journalist Wolf-Dieter Roth wurde seit dem 12. Lebensjahr „WDR“ gerufen wurde und so die Domain wdr.de registrierte. Im Jahr 2000 urteilte das Landgericht Köln im Streit um wdr.org, dass dem Westdeutschen Rundfunk das Recht auf die Verwendung der Buchstabenkombination „WDR“ zustünde.
Das Landgericht Duisburg entschied, das unter dem Namensschutz einer Stadt alle mit dem Stadtnamen identischen oder aus ihm abgeleiteten Domains betreffen. Das Landgericht Duisburg entschied, dass der Domainname „rathaus-oberhausen.de“ nur der Stadt Oberhausen zusteht. Ein Durchschnittsbürger verbinde mit dem Begriff „Rathaus“ das offizielle Verwaltungs- und Repräsentationsgebäude der Stadt und erwarte eine offizielle Seite mit entsprechenden Informationen und Angeboten (Beschluss vom 27.05.2004, Az.: 10 O 79/04).
Der Beklagte und Inhaber der Domain rathaus-oberhausen.de und 144 anderer Domains nach dem gleichen Schema: „rathaus-gemeindename.de“. Er berief sich auf Artikel 5 Absatz 3 Grundgesetz (GG). Mit dieser Begründung für sein Domain-Grabbing hatte er im Rahmen seines Prozeßkostenhilfeantrages vor dem LG Duisburg keinen Erfolg.
Der Künstler und Domain-Inhaber wurde von der Stadt Oberhausen mit Schreiben vom 17.12.2003 aufgefordert, die Nutzung der Domain rathaus-oberhausen.de zu unterlassen und die Domain freizugeben. Da der Domain-Inhaber dem nicht Folge leistete, sondern die Domain für 500 Euro anbot, erhob die Stadt Klage, bei der man sich in Oberhausen auf das Namensrecht (§ 12 BGB) stützte.
Mit dem Argument der Kunstfreiheit nach dem Grundgesetz scheiterte der Beklagte an den dem Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes, nach der Gemeinden eine Institutionsgarantie zusteht.
Urteilsbegründung: „Für eine Gemeinde ist es in den Zeiten moderner Kommunikation und Informationsvermittlung zu einer ausreichenden Versorgung ihrer Bürger notwendig, einen virtuellen Platz im Internet zu halten. Auch wenn die Klägerin mit der Domain www.oberhausen.de bereits Internetpräsenz besitzt, so hindert die Verknüpfung „Rathaus“ und „Oberhausen“ auf der Domain des Beklagten unwissende Bürger an einen direkten Zugriff auf das Internetangebot der Klägerin. Im Rahmen der den Gemeinden obliegenden Selbstverwaltung ist es von besonderer Bedeutung, dass jeder Bürger problemlos Kontakt zur Stadtverwalturig aufnehmen kann. Dies vereitelt der Beklagte teilweise.“
Weiter führt das Gericht an, das der unwissende Bürger auf der Internetadresse den Eindruck bekäme, das Kunstprojekt sei von der Gemeinde gefördert. Das darf nicht sein.
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