Die Parapsychologie untersucht Hellsehen und Präkognition

"Es geschehen Dinge zwischen Himmel und Erde,
von denen sich unsere Schulweisheit nichts träumen läßt."

"Hamlet", William Shakespeare (1564-1616)

Hellsehen (Präkognition)

Eines der Hauptforschungsgebiete der Parapsychologie ist das Hellsehen — das sehen von entfernten Dingen und die Präkognition, das Vorauswissen von zukünftigen Ereignissen.

Wissenschaftliche Untersuchung von Hellsehen

In den Anfängen es letzten Jahrhunderts führte J. B. (Joseph Banks) Rhine (1895-1980) an der Duke Universität Präkognitionsexperimente durch. Bei jenem Versuch war es der Versuchsperson möglich, die Reihenfolge der Symbole in einem Satz Zehnerkarten (nach Karl E. Zener benannten Karten mit Symbolen wie Kreise, Wellen etc.) anzusagen, die erst 10 Tage später gemischt werden sollten. Um psychokinetische Einwirkungen zu verhindern erfolgte das Abheben nach einem Schlüssel, dem die Differenz der Höchst- und Niedrigsttemperatur des Vortags zugrunde lag. Bei Karten-Hellseh-Experimenten zeigen sich "Verschiebungseffekte": Einige Versuchspersonen erkannten nicht die gerade aufgelegten Karten, sondern jene, die erst eine Runde später zu erraten waren. Das Hellsehen hatte sich in Präkognition verwandelt.

Weitere Versuche veranstaltete der Parapsychologe Joseph G. Pratt an der Duke Universität. Die Testperson Hubert Pearce hatte die Aufgabe, die fünf verdeckten Zenerkarten-Symbole vorherzusagen. Nach dem Umdrehen der Karten wurden die Tests ausgewertet. Von den insgesamt 1850 möglichen Antworten, erzielte Pearce immerhin 558 Richtige. Der Wahrscheinlichkeit nach, hätten es nur 370 sein dürfen.

In den Jahren 1933/34 führte Dr. Pratt viele erfolgreiche Experimente durch, bei denen er als Agent (Sender) und Dr. Pearce als Perzipient (Empfänger) fungierte. Die Entfernungen betrugen zwischen 91 und 228 Meter. Die Experimente in den Räumen der Duke University fanden unter Aufsicht von Professor Rhine statt, dem Leiter des Labors für Parapsychologie der Universität. Rhine traf jede erdenkliche Vorsichtsmaßnahme. Dr. Pratt war einer der größten Parapsychologen und Professor der psychiatrischen Fakultät an der Universität Virginia. Alle Versuche wurden mit Zehnerkarten durchgeführt (Fünf Symbole: Kreis, Stern, Quadrat, Welle und Kreuz). Zu den Versuchen: Beide Teilnehmer stimmten ihre Uhren ab. Dr. Pratt setzte sich an den Tisch seines Arbeitszimmers in der heutigen naturwissenschaftlichen Fakultät, und Dr. Pearce begab sich in ein Zimmer im obersten Stock der Bibliothek. Pratt wählte ein Spiel Zehnerkarten mit 25 Karten aus, von denen sich alle fünf Symbole fünfmal wiederholten. Er mischte die Karten und legte sie auf der rechten Seite mit der Rückseite nach oben hin. Dabei schaute er sie nicht an, um nicht den Inhalt der Karten telepathisch (Gedankenübertragung) zu übermitteln. Zur vereinbarten Zeit drehte Pratt mit der rechten Hand die oberste Karte des Spiels ab und legte sie, ohne sie anzusehen, mit dem Symbol auf der Unterseite auf ein Buch in der Mitte des Tisches. Eine Minute später nahm er dann die Karte mit der rechten Hand und legte sie auf der linken Seite des Schreibtisches ab. So verfuhr er mit den restlichen 24 Karten auch. Pro Tag wurden zwei derartige Versuche angestellt, mit jeweils fünf Minuten Pause. Am Ende der Versuchs berichteten Pratt und Pearce über die Aufeinanderfolge der Symbole: Pratt ging die Karten von hinten her durch und brachte sie wieder in die anfängliche Ordnung. Pearce schrieb die Wahrnehmung nieder, die er während der einminütigen Wartezeit empfangen hatte. Beide Berichte wurden in zweifacher Ausfertigung angefertigt. Eine davon erhielt sofort und direkt Rhine. Beide Teilnehmer sahen sich solange nicht, bis Rhine seine Ausfertigung erhielt. Das ganze Experiment umfaßte 74 Kartenspiele mit je 25 Karten, d. h. insgesamt 1850 Karten. Auf den Karten gab es fünf Symbole (siehe oben). Die Wahrscheinlichkeit, durch Zufall die richtige Karte zu benennen, betrug eins zu fünf, bzw. 20 Prozent, d.h. 370 Treffer. Es gab aber 558 Treffer, was einem Prozentsatz von 30,16 Prozent ausmachte. Die Mathematiker errechneten die Wahrscheinlichkeit, daß die Ergebnisse des Pratt-Pearce-Versuch dem Zufall zuzuschreiben seien, mit 1 zu 10 000 000 000 000 000 000 000. In einem von all diesen astronomisch hohen Fällen ist also das Ergebnis dem Zufall und nicht paranormalen Erscheinungen zuzuschreiben.

Zu den Wissenschaftlern, die auf dem Gebiet der Parapsychologie eine Art Pionierarbeit geleistet hat, gehört auch der aus Deutschland stammende Physiker Dr. Helmut Schmidt (1928-2011), der von den Boeing Research Laboratories in Seattle zu J. B. Rhine in Durham überwechselte und sich schließlich der Mind Science Foundation of San Antonio in Texas, einer von dem Ölmillionär Tom Slick gegründeten und finanzierten Forschungsgruppe, anschloß.

Schmidt führte mehrere Experimente mit Präkognition durch. Er erfand in den sechziger und siebziger Jahren eine Psi-Testapparat, der auf dem radioaktiven Zerfall des Isotops Strontium-90 (Sr90) beruht. Der Zerfall des Sr-90 Atoms geschieht unvorhersehbar und auf vollkommen zufällig. Dabei werden Elektronen in zufälligen Intervallen freigesetzt. Dieser radioaktive Zerfall wurde von einem Geigerzähler registriert, der wieder mit einem elektronischen Hochgeschwindigkeitsoszillator verbunden war. Dieser Oszillator bewegte sich konstant zwischen einer bestimmten Anzahl (meistens vier) verschiedener elektronischer Stadien. Sobald der Geigerzähler die Emission eines Elektrons entdeckt, hält ein vom Oszillator angetriebener Zähler an und registriert dabei das jeweilige Stadium — 1, 2, 3 oder 4 — des Oszillators in der Mikrosekunde der Emission. Anhand vier numerierten Lämpchen konnte man erkennen, welches Stadium gerade registriert wird.

Das das Gerät war prädestiniert für seine Tests. Vor dem Sensitiven (Test-Person) wurden vier Lampen aufgebaut, die auf zufällige Weise von der radioaktiven Quelle aktiviert wurden. Die Testperson sollte nun "vorhersagen", welche der vier Lampen ans nächstes angehen würde und einen entsprechenden Knopf drücken. Danach erfolgte die Registrierung automatisch. Insgesamt wurden 74.000 Versuche durchgeführt, mit beachtlichen Ergebnissen. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Ergebnisse zur reinen Zufall entstanden, betrug 1 zu 10.000.000.000.

Fernwahrnehmung (Remote Viewing)

Auch die Experimente der Princeton Engineering Anomalies Research (PEAR) gehören in diesen Themenkreis. Diese Forschungsgruppe unter Leitung von Robert Jahn nannte ihre Methode "Präkognitive Fernwahrnehmung" (Precognitive Remote Perception — PRP). Dabei wurde zufällig ein Ziel aus einer Reihe von Vorschlägen ausgewählt, das der abgeschirmte Empfänger im Labor nicht kennen konnte. Der Agent oder Sender begab sich an diesen Ort und beobachtete und notierte die Umgebung, während gleichzeitig der Empfänger verbal seine Impressionen beschrieb oder eine Skizze anfertigte. Die Auswertung geschah durch einen unabhängigen Juror nach einem festgelegten Schlüssel. Keines dieser oder anderer Experimente konnte das Phänomen bestätigen.

Hellsehen oder Telepathie bei Tieren

In seinem Buch Seven Experiments that Could Change the World (deutsch: Sieben Experimente, die die Welt verändern könnten; beide 1994) stellt der Biologe Rupert Sheldrake Versuche vor, bei denen angeblich Hunde über große Distanzen hinweg erkennen konnten, wenn sich der Besitzer auf den Weg nach Hause begibt. Dies würde insofern eine spezielle Form der Präkognition sein, als die Tiere das Eintreffen des Besitzers längere Zeit im Voraus erkennen können. Die Ergebnisse von Sheldrakes Experimenten werden in der Wissenschaft kaum anerkannt.

Platz-Experimente mit Gerard Croiset

In der parapsychologischen Literatur wird oft von den Platz-Experimenten berichtet — einer Reihe von erfolglosen Experimenten zur Präkognition (Hellsehen in die Zukunft) mit dem holländischen Hellseher Gerard Croiset (1909-1980), die in den 1950er und 1960er Jahren durchgeführt wurden.

Die ersten Experimente dieser Art wurden 1926 durch den Parapsychologen Eugéne Osty (1874-1938) durchgeführt.

Im Juni 1953 griff Hans Bender und W.H.C. Tenhaeff der Ansatz dieser Experimente wieder auf und führten in einer Pfälzer Volkshochschule ein neues Experiment dieser Art durch. Croiset und die beiden Leiter des Experimentes hatten für einen bestimmten Abend einen Raum in der dortigen Volkshochschule gebucht und die Öffentlichkeit zu einem Experiment ohne nähere Angaben eingeladen. Am Tag der Veranstaltung zeichnete Croiset in Neustadt an der Weinstraße einen Bestuhlungsplan des Raumes in der Volkshochschule Pirmasens und kreuzte darauf den Platz 73 an. Daraufhin machte er sehr detaillierte Angaben über die Person ("Zielperson"), die am Abend des Tages sich auf diesen Platz setzen würde, die sich nicht nur auf das Aussehen, die Bekleidung, das Alter und Geschlecht bezogen, sondern auch auf sehr genaue Einzelheiten der Biografie. Am Abend der Veranstaltung erschienen 250 Personen, die in freier Wahl sich auf die vorhandenen Plätze setzten. Die von Croiset beschriebene Zielperson saß jedoch nicht auf Platz 73 sondern zwei Plätze weiter. Bei einer anschließenden Befragung bestätigte diese die persönlichen Details in den Einzelheiten.

Die Methode dieses Platz-Experiments wurde in der Folge weiterentwickelt. Die Auswahl der Versuchspersonen und der Plätze erfolgte später durch Zufallsverfahren und die Aussagen der Zielpersonen wurden allen Teilnehmern der Experimente und einer Kontrollgruppe zur Stellungnahme vorgelegt. 1968 unternahm der US-amerikanische Psychoanalytiker und Parapsychologe Jule Eisenbud mit Croiset einen transatlantischen Platz-Versuch, bei dem Croiset in Utrecht angab, wer später in Denver auf einem bestimmten, durch Los gewählten Stuhl sitzen würde. Versuche wurden auch mit Studenten am Institut für Parapsychologie an der Universität Utrecht durchgeführt. Croiset machte Angaben zur Zielperson, wobei es Übereinstimmungen, jedoch auch Abweichungen gab. Manchmal scheiterte das Experiment auch vollständig. Durch im Fernsehen, 1955 im Süddeutschen Rundfunk und 1967 im BBC übertragene Versuche wurde das Platz-Experiment auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.

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