Alternativmedizin: Geistheiler, Heiler und Wunderheiler auf dem Vormarsch

15.000 selbsternannte Geistheiler (Wunderheiler, Lichtarbeiter, Energiearbeiter, Alternativmediziner) bieten in Deutschland ihre Dienste an und ziehen gutgläubigen Hilfesuchenden das Geld aus der Tasche. Sie erwirtschaften geschätzt vier Milliarden Euro pro Jahr. Alternative Medizin — Alternative Wahrheiten.

Sie nennen sich Geistheiler, Wunderheiler, Lichtarbeiter, Homöopathen, Handaufleger, Energetiker, Energetische Heiler, Engeltherapie, Alternativmediziner, Bach-Blütentherapie, Bioresonanz oder Spirituelle Heiler. Die Branche ist sehr einfallsreich.

Das Statistische Bundesamt schätzte 2016, dass es in Deutschland rund 43.000 Heilpraktiker und Homöopathen gibt. Hinzu kommen schätzungsweise 15.000 Geistheiler.

Geistheilung (auch: geistige Heilung, geistiges Heilen, paranormale Heilung; englisch: spiritual healing) ist ein Oberbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher alternativmedizinischer, esoterischer, religiöser oder magischer Behandlungsmethoden, bei denen ein geistiger bzw. religiöser oder psychischer Einfluss heilende Wirkung auf den Kranken haben soll und die sich nicht in die wissenschaftliche Medizin oder die klassische Psychotherapie einordnen lassen.

Der Glaube an die heilende Wirkung von angeblichen unsichtbaren göttlichen, magischen oder anderen übernatürlichen Kräften gibt es so lange es die Medizin gibt. Manche Kulturkreise haben bis heute Medizinmänner, die auf geistiger Ebene arbeiten. Bei den Indianern der Navajo-Nation gaben 72 Prozent der befragten Einwohner solche Konsultationen an. Auch im Vereinsbuch Bibel der christlichen und jüdischen Sekten findet sich Hinweise auf Wunderheilungen: In 1 Kor 12,9 werden Geistheiler angesprochen, Wunderheilungen durch Handauflegen zum Beispiel bei Lukas (Lk 4,40).

Wir erinnern uns an die Philippinische Heiler, die vorgaben mit bloßen Händen Operationen durchzuführen. Sämtliche dieser Heiler wurden des Betrugs überführt. Viele Zauberkünstler haben mittlerweile die Tricks veröffentlicht.

Zusammengeschlossen haben sich die Geistheiler in dem Dachverband Geistiges Heilen e.V. ("Geistige Heilweisen von Handauflegen und Reiki bis hin zu Quantenheilung").

Sie behaupten von sich, über "geistige (oder heilerische) Kräfte" zu verfügen und alle Arten von Krankheiten heilen zu können, von Aids (HIV) bis Krebs.

Viele bieten auch "Fernheilung" per Telefon an. Kostenpunkt: zwischen 50 und 1.000 Euro.

Manche werben mit einem Siegel "geprüfter Heiler", andere verkaufen für 1000 Euro CD's mit positiven Schwingungen, wie eine Heilerin in Chiemgau.

BGH erlaubt Wunderheiler

Wunderheiler sind — unter gewissen Umständen — von der Berufsfreiheit geschützt, das entschied das Amtsgericht Gießen. Begründung: Geistheiler üben im Gegensatz zu z.B. erlaubnispflichtigen Heilpraktiker kein Heilberuf aus. Vorraussetzung ist, dass besagte Wunderheiler keine nicht vorhandenen wissenschaftlichen Belege vortäuschen oder seine Kunden abrät, auch richtige Ärzte aufzusuchen.

Im letzten Jahrtausend hatte 1977 der BGH noch entschieden, dass eine Heilkunde immer dann vorliege, wenn der Eindruck einer möglichen Heilung erweckt wird, lediglich die Zusicherung, "die Hilfe Gottes für den Kranken zu erbitten" sei erlaubt. (Az.: 1 StR 389/77).

2004 machte der Bundesgerichtshof (BGH) eine Kehrtwende: Dieser hatte entschieden — und darauf verwies das AG Gieß — dass Wunderheiler nach "verfassungskonformer Auslegung" nicht dem Begriff der Heilkunde unterfällt. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hatte einen Wunderheiler verurteilt, der mit Handauflegen arbeitete (Az.: 2 BvR 1802/02).

In dem Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) heißt es wörtlich: "Ein sogenannter Wunderheiler, der sprituell wirkt und den religiösen Riten näher steht als der Medizin, weckt im Allgemeinen die Erwartung auf heilkundlchen Beistand schon gar nicht. Die Gefahr, notwendige ärztliche Hilfe zu versäumen, wird daher eher vergrößert, wenn geistiges Heilen als Teil der Berufsausübun vn Heilpraktikern verstanden wird."

Das Amtsgericht Gießen ließ auch den Vorwurf des Betrugs nicht gelten. Der Mann sei von seinen Kräften überzeugt, ein Täuschungsvorsatz könne ihm nicht vorgeworfen werden. Er habe keinem Kunden irgendwelche wissenschaftliche Belege für seine Heilkraft vorgegaukelt. Von den Kunden seien manche geheilt worden. Die anderen behaupten, sie fühlen sich nicht getäuscht oder betrogen. (Az.: 507 Cs 402 Js 7823/11).

Ganz anders sieht die Rechtslage in Österreich aus: Hier will die Bundesregierung dem Treiben dieser Scharlatane ein Ende setzen und Wunderheiler in Zukunft bestrafen lassen.

Behandlungsmethoden

Behandlungsmethoden, die der Geistheilung zugeordnet werden, sind zum Beispiel: Gebetsheilung, Handauflegen, mediumistisches Heilen, Tierkommunikation, Prana, Reiki, Schamanismus, Seelsorge, Familienaufstellung, Therapeutic Touch, teilweise auch Kinesiologie. Auch Reinkarnationstherapie wird manchmal dazugezählt, als Entfernung von Blockaden im Energiefluss. Auch Teile von Ayurveda können durch die Verwendung des Atmashakti, der inneren Kraft, aus westlicher Sicht als Geistheilung angesehen werden.

Berührung und Fernheilung

Beispiele für Behandlungsmethoden der Geistheilung mit direktem Kontakt sind Handauflegen, Therapeutic Touch, Krankenwallfahrten, Magnetopathie, Heilenergetik, Prana-Heilung. Teilweise persönlichen Kontakt erfordern beispielsweise Schamanismus, Reiki, Kinesiologie und Exorzismus. Selbst eine Fernwirkung wird behauptet. Auch von beispielsweise Besprechen, Gesundbeten wird eine Fernwirkung zugesprochen, dann wird dies allgemein als Fernheilung bezeichnet.

Kein nachweisliche Wirkung

Es gibt keine wissenschaftlichen Test, die die Wirkung von Geistheilung — über den Placebo Effekt oder die Selbstheilungskräfte hinaus. Dennoch behaupten manche Patienten, das es ihnen nach einer solcher Behandlung — scheinbar — besser geht.

Ein Test für eine behauptete Fernwirkung im Bereich Tierkommunikation führte die Sendung Kassensturz des Schweizer Fernsehens durch. Getestet wurde eine Tierkommunikatorin, die nach Eigenangaben auf Distanz Beschwerden der Tiere spüren kann. Sie konnte in der besagten Sendung den Test nicht erfolgreich bestehen.

Alternativmedizin, auch Alternative Medizin oder Komplementärmedizin (auch komplementäre Medizin) sind Sammelbezeichnungen für Behandlungsmethoden und diagnostische Konzepte, die sich als Alternative oder Ergänzung zu wissenschaftlich begründeten Behandlungsmethoden der Medizin verstehen. Für sie gibt es keinen wissenschaftlichen Nachweis für eine Wirkung. Sie gelten als unwissenschaftlich oder esoterisch.

RTL und CORRECTIV

Die Sendung RTL Magazin Extra berichtete von einer gemeinsamen Recherche von RTL und CORRECTIV über die Geistheilerin Sabine Rohwer. Während der Behandlung ändert die 35jährige Radiomoderatorin Maria Signer ihre Einstellungen, hat plötzlich Angst vor angeblich krebsauslösenden Pilzen im Schwimmbad und trinkt kein Wasser mehr aus Plastikflaschen. Sie hat Angst vor Strahlung: Handy im Auto ist tabu, wie auch der genauso wie Fernsehen.

Ihr Ehemann Reimann weiß nicht mehr weiter und zieht aus. 2012 erkrankt die Schwester von Maria an Krebs und stirbt. Maria ist von der Schulmedizin enttäuscht. Im Oktober wird bei ihr Brustkrebs diagnostiziert. Sie wendet sich wieder an die Geistheilerin. Sie setzt auf Alternativmedizin und lehnt Chemotherapie, Hormonbehandlung oder Betrahlung ab. Es folgen drei Monate Heilfasten bei Geistheilerin Sabine Rohwer. Danach glaubt Maria, der Krebs sei besiegt. Doch die Nachsorgeuntersuchung widerspricht dieser Meinung.

2014 sind Reimann und Maria wieder zusammen. Ende 2014 entdeckt Maria Hubbel an Schulter und Kopf. Sie wendet sich wieder an ihre Geistheilerin. Keine Änderung. Im Januar 2015 bricht Maria zusammen: Der Brustkrebs ist zurück und auf Haut, in Lymphknoten, Lunge und Gehirn vorgedrungen. Die Hubbel sind Metastasen.

Maria will in das Zentrum der Heilerin ("Animata Charité) umziehen, das nach Angaben auf der Homepage "stets im Austausch mit Ärzten" ist. Ihr Ehemann willigt notgedrungen ein. Bei einem Besuch seiner Freundin Maria in dem Zentrum wird er des Hauses verwiesen — seine kritische Einstellung störe. Er solle Vertrauen haben.

Die Rechnungen der Heilerin werden immer höher. Zuletzt rund 18.000 Euro im Monat. Marie geht es immer schlechter. Die Heilerin blockiert die Behandlung durch Ärzte. Maria geht nur noch in Notfällen zu den Schulmedizinern, etwa nach einem Ohnmachtsanfall. Am 30. August 2016 stirbt Maria Signer. Am Ende hat ihr Freund Reimann fast 290.000 Euro an die Animata GmbH und die Animata Charité in 16 Monaten bezahlt.

Ihr Freund Reimann will Gerechtigkeit. Er erstattet Strafanzeige wegen gewerbsmäßigen Betruges, Wuchers, Misshandlung Schutzbefohlener, unterlassener Hilfeleistung und vorsätzlicher Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft Lübeck ermittelt. Reimann wendet sich auch die den Dachverband Geistiges Heilen. Dieser antwortet: Man sei nicht zuständig, da die Geistheilerin Rohwer persönlich beim Verband Mitglied sei und nicht die Animata GmbH.

Heilerin Rohwer ist bekannt in der Szene, hat viele Heiler selbst ausgebildet. Rohwer praktiziert bis heute, ist nun aber Geschäftsführerin eines neuen Zentrume, der Holistic Care GmbH in Hamburgs bester Lage. Auf ihrer Homepage präsentiert sich sich als "anerkannte Heilerin nach den Richtlinien des Dachverbands Geistiges Heilen e.V."

Sie finden die Sendung auf Youtube unter:
https://www.youtube.com/watch?v=8hgQgjTgzNA

Quellen anzeigen https://correctiv.org/aktuelles/artikel-aktuelles/2017/11/27/die-unheilerin/
https://www.welt.de/gesundheit/article170992023/Die-Unheilerin.html

Geistheiler freigesprochen

Der Belgier Luc S. hatte kurzzeitig eine Wohnung in Köln und hat hier als Geistheiler praktiziert. Die ehemalige Patientin Monika G. bezichtigt ihn den Betrugs. Am Ende wird er freigesprochen.

Die promovierte Lehrerin Monika G. behauptet vor Gericht, dass der Heiler ihr "zu 100 Prozent versprochen" hatte, die magische Behandlung habe Erfolh. Vertraglich vereinbarte man eine Beschwörung der Seelen ihrer verstorbenen Großeltern, Medidation, Reinigungsrituale und ein Coaching. Ziel war es, dass Monika G. einen Partner findet und zur Oberstudienrätin befördert wird. Nachdem der Heiler mehr Honorar fordert, um durch "Beten" aus der Ferne "Blockaden" aufzulösen, brach sie die Behandlung ab und wendete sich an eine Anwältin.

Heute kommt sie sich "bescheuert", sich auf eine solche "Heilung" eingelassen zu haben. "Es war eine Glaubensfrage, mit Intelligenz hat das nichts zu tun". Die beiden Verteidiger des Heilers behaupten, der Heiler habe ihr unbestreitbar geholfen. Eine Erfolgsgarantie habe es nicht gegeben und damit liege der Straftatbestand nicht vor. Die Rückzahlungsansprüche seien wegen des nicht zustande gekommenen Coaching zivilrechtliche zu klären.

Die Verteidiger des Heilers berufen sich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Januar 2011 zur Wahrsagerei. Darin heißt es: "Ein Kunde muss für magische Leistungen zahlen, wenn er diese im Bewusstsein darüber erkaufte, dass die Geeignetheit und Tauglichkeit dieser Leistungen zur Erreichung des von ihm gewünschten Erfolgs rational nicht erklärbar ist."

Der Heiler wurde freigesprochen. Der Richter am Amtsgericht betonte, er habe nicht zu entscheiden, ob Geistheilung möglich sei, sondern nur, ob der Heiler seine Kunden betrogen habe. Das sei nicht der Fall. Sie habe seine Leistungen im Glauben, sie täten ihr gut, in Anspruch genommen. Weiterhin sei sie indirekt ermutigt worden, sich um eine bessere Stellung zu bemühen. Insgesamt 27.600 Euro hatte die Lehrerin an den Heiler gezahlt.

Quellen anzeigen https://www.ksta.de/koeln/betrug-geistheiler-kassierte-27-600-euro-932652

Kirche kritisiert Gegner, CDU auch

Anfang 2018 besuchte der ukrainische Geistheiler Wladimir Muntyan, der sich selbst Apostel nennt, Berlin-Neukölln für einen Auftritt.

Prompt kam Kritik aus Stadt und Kirche. Neuköllns Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) warnt öffentlich vor falschen Heilsversprechungen: "Jeder Mensch sollte stutzig werden, wenn selbst ernannte Vertreter Gottes mit Massengebeten Krebs heilen oder auf den Rollstuhl angewiesene Menschen wieder gehen lassen wollen". Das Neuköllner Bezirksamt duldete die Veranstaltung.

Der Referent für Weltanschauungsfragen bei der Evangelischen Zentralstelle in Berlin, Michael Utsch, riet ebenfalls von einem Besuch ab: "Das ist ein Missionar, der offenbar wirklich glaubt. Außerdem geht es ihm offenbar nicht in erster Linie darum, Geld zu verdienen."

CDU und Kirche kritisieren praktisch genau das, was sie selbst praktizieren, daher unsere Warnung:

Jeder Mensch sollte stutzig werden, wenn selbst ernannte Vertreter des Volkes (CDU) von Demkratie sprechen, wenn sie nur von rund 30 Prozent des Volkes gewählt werden und denen es nur darum geht, Geld zu verdienen...

Jeder Mensch sollte stutzig werden, wenn selbst ernannte Vertreter Gottes (Evangelische/Katholische Kirche) von unsichtbaren Göttern sprechen,, wenn sie selbst nur daran interessiert sind, Geld zu verdienen.

Quellen anzeigen https://de.sputniknews.com/gesellschaft/20180115319072453-wunderheiler-kritik-scharlatan-gott/

Bundessozialgericht: Geistheiler gehören zum Gesundheitssystem

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied in einem Urteil, dass Geistheiler dem Gesundheitswesen zuzurechnen sind. Das Gericht gab damit der Klage der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrspflege statt, wonach Geistheiler in die gesetzliche Unfallversicherung einzahlen müssen (Az: B 2 U 9/17 R). Verurteilt wurde eine Geistheilerin, die eine Praxis für energetische Körperarbeit betrieb.

Quellen anzeigen https://www.neues-deutschland.de/artikel/1091940.amtlich-geistheiler-gehoeren-zum-gesundheitswesen.html

Seelische Folgen durch Geistheiler

Die Beratungsstellen kennen viele Anfrage von Hilfesuchenden im Bereich Geistheilung: Der Glaube an übernatürliche Kräfte der Heiler ist so groß das viele "Patienten" sich hilfesuchend an Beratungsstellen wenden, weil sie der Meinung sind, dass die Geistheiler sie telepatisch terrorisieren.

Viele Angehörige berichten, dass Geistheiler bei Kritik an ihrem Treiben einen Keil zwischen Patienten und Angehörige treiben.

Geistheilung in Großbritannien

In Großbritannien arbeiten Schulmediziner und Geistheiler zusammen. Auf 22.000 niedergelassene Ärzte kommen 14.000 registrierte Heiler. Der britische Gesundheitsdienst übernimmt die Kosten für energetisches Heilen, wenn es Arzt dies verordnet hat.

Bundesministerium fördert Geistheiler

Das Portal Scienefiles.org fand heraus, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit Steuergelder angehende Geistheiler oder Humanquantenenergetiker oder schlicht Geistige Heiler gefördert hat. Im Rahmen der Bildungsprämie des Ministeriums flossen die Steuergelder. Dabei war egal, ob man an die Heilkraft von Steinen glaubte oder Heiltechniken zur Selbstheilung. Auf der Seite der "Deutschen Heilerschule" heißt es, dass jeder beim Ministerium "einen Zuschuss zur Ausbildung zum Geistigen Heiler an der Deutschen Heilerschule in Höhe von 1000 Euro beantragen". Verantwortlich zeichnete die damalige Bundesministern Johanna Wanka (CDU).

Quellen anzeigen Quelle (Meldung vom 16. Mai 2016):
https://sciencefiles.org/2016/05/16/bmbf-foerdert-angehende-geisterheiler-mit-steuergeldern/