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Pkw-Maut: Wie das Prestigeobjekt der CSU den Steuerzahler Milliarden kostete

Die Pkw-Maut der CSU kostete den Steuerzahler Milliarden. Nach dem Gerichtsurteil zum Verbot versuchte die CSU zu vertuschen... Konsequenzen für Politiker? Keine...

Die Pkw-Maut in Deutschland (amtlich Infrastrukturabgabe) war eine gesetzlich vorgesehene, aber nicht in Kraft getretene Maut auf allen deutschen Straßen. Als zentraler Teil des Vorhabens sollten mit den Einnahmen der Maut die Kfz-Steuern für Inländer gesenkt werden.

Die Pkw-Maut wurde formal zum 1. Januar 2016 eingeführt. Erhoben werden sollte sie gemäß § 16 des Infrastrukturabgabengesetzes (InfrAG) jedoch erst, wenn das zur Erhebung erforderliche System einsatzbereit ist, was bislang nicht der Fall ist. Für im Ausland zugelassene Fahrzeuge sollte die Infrastrukturabgabe nur auf Bundesautobahnen zu zahlen sein (§ 1 InfrAG).

Die Ungleichbehandlung von In- und Ausländern wurde vom Europäischen Gerichtshof durch Urteil vom 18. Juni 2019 als diskriminierend eingestuft. Große Kritik gab es insbesondere aus Österreich, obwohl bei der Einführung der Vignette ganz ähnlich vorgegangen wurde.

Geschichte der Einführung einer Pkw-Maut

Seit 1990 wurde in gewisser Regelmäßigkeit die Diskussion über die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland geführt. Für die Überwindung der Finanzierungsengpässe der Straßenverkehrsinfrastruktur wurden sowohl von wissenschaftlicher als auch politischer Seite immer wieder die Vorzüge einer Pkw-Maut betont. Neben den Befürwortern gab es allerdings parallel immer wieder kritische Stimmen.

1996 führte Österreich die PKW-Vignette ein, die mit Entlastungen österreichischer Autofahrer verbunden waren. Pendler wurden per Pauschale mit bis zu 350 Euro pro Jahr entlastet. Zusätzlich erhielt jeder Arbeitnehmer den Verkehrsabsetzbetrag. Die Maßnahmen wurden als Kompensationen gerechtfertigt.

Ein Diskussionsschub ergab sich, als im Oktober 2005 über einen Verkauf des deutschen Autobahnnetzes an Privatunternehmen (z. B. Investmentbanken) diskutiert wurde. Der Wert des Autobahnnetzes betrug laut Schätzungen des Instituts Prognos rund 127 Mrd. Euro, laut Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung mit den Bundesstraßen etwa 213 Mrd. Euro (in damaligen Preisen). Zentrales Element einer Privatisierung wäre dabei die Einführung einer Pkw-Maut. Seit diesem Zeitpunkt ist diese in mehr oder minder vertiefter politischer Diskussion.

Die schwarz-rote Bundesregierung von 2005 bis 2009 (Kabinett Merkel I und deren Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD)) lehnten eine Pkw-Maut ab und wiesen auf die ohnehin hohen finanziellen Belastungen der Autofahrer hin. 2009 bis 2013 regierte das Kabinett Merkel II; Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) erwog die Pkw-Maut für die Zukunft, relativierte aber kurz darauf wieder (von einer Pkw-Maut sei "im Koalitionsvertrag nirgends die Rede"). Einige CDU-Politiker äußerten bereits im Mai 2010 Sympathie für eine Pkw-Maut.

Im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2013 warb die CSU mit der Einführung einer Ausländer-Maut bzw. Maut für Ausländer. Mit der Ausländer-Maut sollten allein ausländische Autofahrer für die Nutzung der Autobahn zahlen. Auf einer Wahlkampfveranstaltung sagte Parteivorsitzender Horst Seehofer: "'Die Deutschen zahlen in den meisten europäischen Ländern.' Daher sollten die Ausländer jetzt auch in Deutschland zahlen. 'Aus Gerechtigkeitsgründen'", schiebt der CSU-Chef nach. Bezogen auf die Konformität mit EU-Recht sagte Seehofer "'Ja, geht das denn europarechtlich?', fragt er rhetorisch und schaut die Leute an. Aber wenn man sich immer in 'juristischen Bedenken' ergehe, so Seehofer, 'dann passiert nie was'."

Laut Umfragen wurde sie speziell von bayerischen Eingeborenen (hauptsächlich CSU "Wählern") gutgeheißen, die nahe der deutsch-österreichischen bzw. der deutsch-schweizerischen Grenze wohnen. Diese müssen seit vielen Jahren in Österreich bzw. in der Schweiz jeweils eine Autobahnvignette kaufen; Österreicher und Schweizer dürfen dagegen kostenlos auf deutschen Autobahnen fahren. Des Weiteren nutzen Österreicher auch massiv deutsche Autobahnen, wo es keine inländische Verbindung gibt, wie z. B. zwischen Salzburg und Kufstein.

Auf Drängen der CSU wurde die Pkw-Maut in den Koalitionsvertrag Deutschlands Zukunft gestalten aufgenommen. Ende 2013 gab sich der neue Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) einen Zeitrahmen bis Ende 2014 und die technische Umsetzung 2015 vor. Juristen des Bundesverkehrsministeriums warnten, dass das Gesetz vor dem EuGH nicht Bestand haben würde.

Später, nach der Wahl, vermied die CSU den Begriff Ausländer-Maut und sprach stattdessen von der Infrastrukturabgabe bzw. Pkw-Maut.

Im Dezember 2018 teilte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit, dass der Auftrag zur Erhebung der Maut an die bis dahin v. a. als Konzertkartenverkäufer in Erscheinung getretene CTS Eventim und den österreichischen Mautbetreiber Kapsch TrafficCom vergeben worden sei. Der Vertrag habe ein Volumen von etwa 2 Mrd. Euro und eine Laufzeit von mindestens 12 Jahren. Der Start des Projekts solle spätestens 2020 erfolgen. Vorher sollen die Betreiberfirmen Scheuer mindestens einmal vorgeschlagen haben, die Vertragsunterzeichnung auf einen Zeitpunkt nach dem erwarteten EuGH-Urteil zu verlegen. Scheuer soll dies unter Verweis auf den straffen Zeitplan für das CSU-Prestigeobjekt abgelehnt haben. Der für das Maut-Projekt zuständige Staatssekretär, Gerhard Schulz, ist seit 2019 Vorsitzender der Geschäftsführung von Toll Collect.

Geplante Ausgestaltung der Pkw-Maut 2014

Am 7. Juli 2014 stellte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sein Konzept für eine Pkw-Maut vor. Es zeigt, wie sehr Deutschland ein Land der Bürokraten ist. Es beinhaltet folgende Punkte:

  1. In Deutschland werde ab 2016 eine Infrastrukturabgabe erhoben. Halter, deren Kraftfahrzeug in Deutschland zugelassen ist, entrichten die Infrastrukturabgabe für ein ganzes Jahr.
  2. Diese gelte für alle Kraftfahrzeuge der Klasse M und M1G (Pkw und Geländewagen) bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, die das öffentliche Straßennetz in Deutschland nutzen. Die Maut gilt also nicht für andere Fahrzeugklassen, soweit sie nicht durch andere Gesetze Abgaben leisten müssen (Lkw müssen natürlich je km eine Abgabe zahlen). Die Infrastrukturabgabe gelte für Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen.
  3. Halter von in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Kraftfahrzeugen würden über einen Freibetrag in der Kfz-Steuer entlastet, der die Ausgaben für die Infrastrukturabgabe vollständig und unbürokratisch kompensiert.
  4. Kraftfahrzeuge, die ganz oder teilweise von der Kfz-Steuer befreit sind (z. B. Elektrofahrzeuge oder Kraftfahrzeuge behinderter Personen), werden wirkungsgleich von der Infrastrukturabgabe befreit.
  5. Der Preis der Jahresvignette richtet sich nach der Umweltfreundlichkeit, dem Hubraum und dem Zulassungsjahr der Kraftfahrzeuge — entsprechend der Systematik im Kraftfahrzeugsteuergesetz.
  6. Halter von nicht in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Kraftfahrzeugen können zwischen einer Vignette für zehn Tage (10 Euro), zwei Monate (20 Euro) oder ein Jahr (Höhe abhängig von den Eigenschaften des Fahrzeugs) wählen und sie über das Internet erwerben. Zusätzlich sei der Erwerb an Tankstellen möglich.

Das Konzept war somit ähnlich zu dem der Lkw-Maut von 1990, bei dem inländische Lkw-Unternehmen durch eine Senkung der Kraftfahrzeugsteuer entlastet werden sollten; es wurde 1992 vom EuGH als Verstoß gegen Art. 76 EWGV gewertet.

Am 6. September 2014 prognostizierte Bundesminister der Finanzen Wolfgang Schäuble (CDU), dass dieses Konzept nicht die erwarteten Mehreinnahmen erzielen werde. Laut einer Bewertung des Mautkonzepts aus dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) könnten im Ergebnis erheblich weniger als 600 Millionen Euro pro Jahr für die Straßeninfrastrukturfinanzierung übrig bleiben. Laut Spiegel-Informationen plane Schäuble ein Konzept, mit dem er alle Nutzer deutscher Autobahnen belasten wolle.

Im Ergebnis hat sich das Bundesministerium der Finanzen durchgesetzt: Im abschließenden Entwurf der Bundesregierung wird die Pkw-Maut ausschließlich für Bundesfernstraßen nach Bundesfernstraßengesetz erhoben; Einnahmen stehen damit ausschließlich dem Bund als Straßenbaulastträger zu.

Infrastrukturabgabengesetz 2015

Auf dieser Grundlage beschloss am 27. März 2015 der Bundestag das Infrastrukturabgabengesetz (InfrAG).

§ 1 Abs. 1 InfrAG sieht eine generelle Abgabenpflicht für Pkw in Deutschland vor; seinem Wortlaut nach zwar nur für Benutzung von Bundesfernstraßen nach § 1 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG), jedoch ist eine Zulassung ohne Nachweis der Entrichtung der Abgabe und Ausgleich eventueller Rückstände nicht möglich (§ 9 Abs. 3 und 5 InfrAG). Bereits zugelassene Pkw werden nach Beginn der Erhebung nach § 9 Abs. 6 InfrAG von Amts wegen außer Betrieb gesetzt. Die Höhe der Abgabe richtet sich nach der Anlage zum InfrAG.

In Abänderung des Gesetzentwurfs, der von der Bundesregierung eingebracht wurde, sollte die Vignette für ausländische Kraftfahrzeuge mit 10 Tagen Gültigkeit je nach Umweltverträglichkeit und Hubraum 5, 10 oder 15 Euro, die Vignette für 2 Monate 16, 22 oder 30 Euro kosten. Die Jahresvignette sollte maximal 130 Euro kosten. Gleichzeitig mit Beginn der Erhebung der Infrastrukturabgabe sollte eine Kfz-Steuer-Ermäßigung für inländische Halter in gleicher Höhe in Kraft treten (Art. 1 Nr. 7 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 des Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes).

Am 8. Juni 2015 fertigte der Bundespräsident das Gesetz aus; es wurden am 11. Juni 2015 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und trat am Folgetag in Kraft.

Vertragsverletzungsverfahren

Am 18. Juni 2015 leitete die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, da man der Auffassung sei, dass das Infrastrukturabgabengesetz europarechtswidrig sei. Auf die Stellungnahme der EU-Kommission antwortete die Bundesregierung Ende Juni 2016, dass die Brüsseler Bedenken unberechtigt seien. Verkehrsminister Dobrindt (CSU) kündigte an, mit dem Start der Maut warten zu wollen, bis das Verfahren abgeschlossen ist. Allerdings hatte die Kommission nach Gesprächen mit der Bundesregierung zu erkennen gegeben, dass nach gewissen Änderungen die Klage zurückgezogen werden könne. Nach Vorlage der überarbeiteten Entwürfe hat die EU-Kommission angekündigt das Vertragsverletzungsverfahren nicht weiter zu verfolgen.

Kompromiss von Ende 2016

Nach Verhandlungen mit der EU-Kommission wurde ein neuer Entwurf für die Pkw-Maut vorgestellt.

Kosten der Jahresvignette für inländische Pkw (je angefangene 100 cm3 Hubraum)

Emissionsklasse Benzinmotor Dieselmotor
Euro 0, 1, 2, 3 6,50 € 9,50 €
Euro 4, 5 2 € 5 €
Euro 6 1,80 € 4,80 €
Wohnmobil 16 € je angefangene 200 kg zulässiges Gesamtgewicht
Oldtimer 130 € pauschal

Die Kosten sind auf maximal 130 € beschränkt.

Für im Ausland zugelassene Personenkraftwagen gibt es gemäß § 7 (2) des Gesetzes eine Staffelung, da hier normalerweise nicht der Wunsch bestehen sollte eine Jahres-Vignette zu erwerben. Es sind deshalb 10-Tages-, 2-Monats-Vignetten und Jahres-Vignetten vorgesehen, deren Preis gestaffelt ist nach den Kosten einer Jahres-Vignette für den ausländischen Pkw. Für diese Kurzzeitvignetten gibt es fünf sogenannte Vignettenstufen.

Kosten der 10-Tages- und 2-Monats-Vignetten

Jahres-Vignette 10-Tages-Vignette 2-Monats-Vignette
20 €2,50 €7 €
20 bis 40 €4 €11 €
40 bis 70 €8 €18 €
70 bis 100 €14 €30 €
100 bis 130 €20 €40 €
ab 130 €25 €50 €

2017

Im Verkehrsausschuss des Bundesrates empfahl zum Erstes Gesetz zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel der Aufhebung des Gesetzes anzurufen. Die Empfehlung fand im Plenum des Bundesrates am 31. März 2017 keine Mehrheit und das passierte unverändert den Bundesrat.

Der Zustimmung war am Vorabend eine intensive Diskussion der Ministerpräsidenten der Union vorausgegangen, in deren Rahmen Horst Seehofer (CSU) mit einer Ablehnung des Kompromisses zu den Bund-Länder-Finanzbeziehungen drohte und damit die Große Koalition (CDU, CSU, SPD) als Ganzes als gefährdet galt. Letztlich wurde die Zustimmung gesichert, indem Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) am Morgen vor der Abstimmung Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt eine Zustimmung unter der Bedingung zusagte, dass dafür die Mitte-Deutschland-Verbindung (Bahnstrecke zwischen Weimar und Gößnitz) schneller ausgebaut werden würde. Brandenburg, Berlin, das Saarland, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, NRW und Niedersachsen stimmten für die Einberufung des Vermittlungsausschusses; Thüringen enthielt sich bei der Abstimmung.

Kosten, Einnahmen und Schadensersatz

Kosten

An "Ausgaben im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Erhebung der Infrastrukturabgabe" standen 8 Mio. Euro für 2015 und 11,2 Mio. Euro für 2016 im Raum. Die Kosten der gescheiterten Pkw-Maut belaufen sich bereits auf 53,6 Millionen Euro — von 2014 bis zum Tag des Maut-Stopps. Das geht aus einem Bericht des Bundesverkehrsministeriums an den Bundestag hervor. Wie der Ausfall erwarteter Mauteinnahmen sich genau auf den Bundeshaushalt auswirke, werde noch geprüft.

Im Bundesverkehrsministerium fielen seit 2013 mehrere hunderttausend Arbeitsstunden für das Vorhaben an. Das Vorhaben gelte damit als "eine der größten Ressourcenverschwendungen der deutschen Politik."

Geplante Kosten

Die Welt berichtete im Juni 2015, dass die Implementierung der Pkw-Maut knapp 450 Mio. Euro kosten könnte. Die gleichzeitigen Entlastungen bei der Kfz-Steuer sollten laut Bundesverkehrsminister rund 3 Mrd. Euro betragen. Der Verkehrswissenschaftler Alexander Eisenkopf ging davon aus, dass der Kompromiss von Ende November 2016 die Einnahmen aus der Kfz-Steuer um weitere 100 Mio. Euro senken würde. Für Einrichtung und Betrieb des Mautsystems rechnete der Minister mit Kosten in Höhe von 300 Mio. Euro. Im Gesetzentwurf wurden die laufenden Kosten mit 195 Mio. Euro veranschlagt.

Einnahmen

Der Bundesverkehrsminister ging von jährlichen Einnahmen in Höhe von 3,7 Milliarden Euro aus, davon 3 Mrd. von inländischen Autofahrern. Gleichzeitig würde es aber zu Mindereinnahmen bei der Kfz-Steuer kommen, was verrechnet werden müsse.

Saldo

Der Bundesverkehrsminister ging schließlich von jährlichen Mehreinnahmen in Höhe von 500 Mio. Euro aus. Eisenkopf geht von 350 Mio. Euro aus und Ralf Ratzenberger (für den ADAC) von 260 (oder 262) Mio. Euro. Der Mautbetreiber AGES ging von 900 Mio. Euro aus.

Schadensersatz

Schon 2017 wurden Verträge mit einem Konsortium aus dem Ticket-Vermarkter CTS Eventim und dem österreichischen Telekommunikationsanbieter Kapsch für das Erheben der Maut abgeschlossen. Diese wurden am Tag nach dem Urteil des EuGH gekündigt. Im Betreibervertrag war festgesetzt, dass im Kündigungsfall vom Auftraggeber der sogenannte Bruttounternehmenswert (ein fiktiver 12-facher Jahresgewinn, nach Oliver Luksic (verkehrspolitischer Sprecher FDP-Bundestagsfraktion) schätzungsweise 380 bis 480 Mio. Euro aufgrund einer besonders hohen Umsatzrendite von 23,8 Prozent) zu zahlen ist.

Bewertungen

Befürworter und ihre Argumente

Im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2013 forderte Horst Seehofer (CSU) eine Mautpflicht für ausländische Autobahnbenutzer; diese gilt aber wegen der dadurch implizierten Diskriminierung von EU-Bürgern gemäß Art. 18 des AEU-Vertrages als unvereinbar mit EU-Recht. Als Modell kursierte daher sehr bald auch die Idee einer Vignette, deren Kosten für Pkw-Besitzer, deren Autos in Deutschland zugelassen sind, im Gegenzug über eine niedrigere Kfz-Steuer kompensiert werde, so dass nur ausländische Autofahrer einen zusätzlichen Beitrag zahlen müssten.

Am 17. Mai 2013 unterstützte der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie die Idee einer Maut und äußerte dazu: "Wenn wir ein leistungsfähiges Verkehrsnetz in Deutschland erhalten wollen, kommen wir mittelfristig an einer Pkw-Maut nicht vorbei. Für eine Vignetten-Lösung spricht, dass sie schnell und ohne hohe Kosten eingeführt werden könnte, ohne dass Ausweichverkehre oder eine &uunml;bermäßige Belastung der Berufspendler befürchtet werden müsste. Dem Bürger wäre eine solche Maut aber nur dann vermittelbar, wenn er sich auf die Zweckbindung der Mauteinnahmen für den Bundesfernstraßenbau verlassen könnte." Kurz vor der Bundestagswahl 2013 kam es zu einem öffentlichen Dissens zwischen Merkel und Seehofer zur Frage "Pkw-Maut". Merkel bekräftigte im Kanzlerduell ihr "Nein" zu einer Pkw-Maut mit den Worten: "Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben", allerdings setzte sich die CSU im Koalitionsvertrag durch.

Gegner und ihre Argumente

Der umstrittene Automobilclub ADAC plädierte seit vielen Jahren gegen eine Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen; dazu nannte er u. a. folgende Argumente:

Überdies, so der ADAC, sei bei einer Verlagerung von nur 20 % des Pkw-Verkehrs von den Autobahnen auf die nachgeordneten Straßen (Maut-Ausweichverkehr) pro Jahr mit rund 250 zusätzlichen Verkehrstoten und über 10.000 zusätzlichen Verletzten zu rechnen. Der ADAC argumentierte weiter, dass eine streckenbezogene Maut einen zu hohen technischen Aufwand hinsichtlich der Erhebungs- und Verwaltungskosten erfordere.

Bezüglich des Aufwands wurde auch angemerkt, dass die zu erwartenden etwa 600 Millionen Euro nur 1 % der Gesamtkosten für den notwendigen Straßenerhalt (etwa 60 Milliarden Euro) ausmachen würden, also keinerlei spürbare Verbesserung brächten. Es wurde auch die These geäußert, dass die Maßnahme für die Straßensanierung überhaupt nichts brächte, weil dem Verkehrsministerium die Zuteilungen aus dem Gesamt-Bundesbudget um das Ausmaß der zu erwartenden Direkteinnahmen gekürzt werden könnten: Die LKW-Maut habe zum selben Effekt geführt.

Weitere Kontra-Argumente betrafen die bis zur Einbringung des Gesetzes in den Deutschen Bundestag (2015) bestehenden Überlegungen, die Maut als allgemeine Straßenbenutzungsgebühr zu erheben oder technische Überwachungssysteme einzusetzen, die sowohl nach den Überlegungen von Dobrindt (CSU) 2013 oder nach dessen erster gesamten Vorstellung des Konzeptes im Juli 2014 bestanden.

Europäische Positionen

Siim Kallas als zuständiger EU-Kommissar (2010 bis 2014) merkte bereits am 28. Oktober 2013 in der Beantwortung einer Anfrage aus dem Europäischen Parlament an, dass Mautsysteme generell mit der Richtlinie 1999/62/EG(1) ("Eurovignetten-Richtlinie") für schwere Lastkraftwagen und — sofern sie für Personenkraftwagen gelten — mit den allgemeinen Grundsätzen des EU-Vertrags im Einklang stehen müssen. Nach beiden Rechtsakten ist eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Die Erhebung von Abgaben fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Gemäß Artikel 5 der Richtlinie 1999/62/EG werden Kraftfahrzeugsteuern nur von dem Mitgliedstaat erhoben, in dem das Fahrzeug zugelassen ist. Die Höhe der Steuern für Personenkraftwagen gebietsansässiger Fahrer können die Mitgliedstaaten daher nach eigenem Ermessen festlegen. Aus diesem Grund sollten Straßenmautsysteme, die sowohl für gebietsansässige als auch für gebietsfremde Fahrer gelten, eher in Form von Nutzungsgebühren als von Abgaben umgesetzt werden, so dass die erhobenen Gebühren in einem angemessenen Verhältnis zur Nutzung der Infrastruktur stehen.

Je stärker auf die Verhältnismäßigkeit der Mautsysteme geachtet werde, so Kallas, desto eher entsprächen sie dem Nutzerprinzip ("Nutzer zahlt") und desto weniger diskriminierend seien sie. Grundsätzlich stellt eine Senkung der Kraftfahrzeugsteuern für gebietsansässige Nutzer, unter Beachtung der in der Richtlinie 1999/62/EG festgelegten Mindestsätze für Lastkraftwagen, bei gleichzeitiger Erhebung angemessener Nutzungsgebühren für alle Nutzer also keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar.

Eine Kommissionssprecherin teilte ergänzend mit, dass ein ":Mautsystem, bei dem Einheimische kostenlos eine Vignette erhielten" nicht möglich sei, die Kommission ziehe entfernungsabhängige Gebührensysteme wie in Frankreich oder Italien vor, bei denen In- und Ausländer gleichermaßen unter Berücksichtigung der tatsächlich zurückgelegten Strecke bezahlen müssen. Demnach sei das ursprüngliche CSU-Konzept, die Vignette kostenlos an deutsche Pkw-Halter zu vergeben, rechtlich unmöglich. Inwieweit eine Maut für Ausländer den jährlichen Mehrbedarf für infrastrukturelle Maßnahmen, der nach verschiedentlichen Schätzungen bei bis zu mehr als sieben Milliarden Euro liegt, decken könne, ist fraglich. Bei jährlich 100 Euro Maut und 3 Millionen an Ausländer verkauften Vignetten pro Jahr würden nur 300 Millionen Euro an Mehreinnahmen generiert.

Nach der Ankündigung im Juli 2014, die generelle Maut bis 2016 umzusetzen, kündigten mehrere Nachbarstaaten Einsprüche an. Die österreichische Verkehrsministerin Bures äußerte Juli 2014 die Absicht, wegen Diskriminierung auch bis vor das Höchstgericht gehen zu wollen. Der damalige deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) äußerte am 10. Dezember 2016 "wenig Verständnis für die österreichische Maut-Maulerei" zu haben. Der Grüne Nationalrat Georg Willi (Österreich) reagierte per Offenem Brief tags darauf mit mehrfacher Kritik: ":Für die Benützung des hochrangigen Autobahnnetzes etwas zu verlangen, sei richtig, es müsse aber fair und verursachergerecht sein (...). Durch Steuersenkungen für deutsche Autos würden großteils nur ausländische Fahrer zur Maut-Kassa gebeten, was die österreichische Kritik auslöse." Österreich erlöst 449 Mio. Euro aus der Vignette, Dobrindt erwarte mit viel Bürokratie nur 500 Mio. Euro für ein rund sechsfach gr&ounml;ßeres Autobahnnetz. Das österreichische Modell der Vignette würde in Deutschland 2,7 Mrd. Euro erlösen. "Österreich baut das Bahnnetz um Milliarden aus und kann nicht zusehen, wie bei den Zulaufstrecken etwa zum Brennerbasistunnel nichts weitergeht. (...) Österreich bemühe sich, die EU-Wegekostenrichtlinie umzusetzen. Mit Pkw- und Lkw-Maut würden rund 1,86 Mrd. Euro erlöst, die in das Autobahnen- und Schnellstraßennetz fließen. Dieses sei, anders als in Teilen Deutschlands, in gutem Zustand." Kurz vor der Nationalratswahl in Österreich 2017 kündigte der österreichische Verkehrsminister an, Deutschland zu verklagen. Im Dezember 2017 kündigte die Regierung der Niederlande an, sich der Klage anzuschließen.

Rechtliche Bewertungen

Bundestagsjuristen hielten die Ausländer-Maut nach dem Konzept von 2014 für europarechtswidrig. Auch den Kompromiss von Ende 2016 hielten sie mit EU-Recht unvereinbar. In einem Gutachten hieß es dazu, "dass die Wirkung des Steuerentlastungsbetrags zugunsten von im Inland Kfz-Steuerpflichtigen eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zulasten der nicht in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Fahrzeughalter und Nutzer der deutschen Bundesfernstraßen aus anderen Mitgliedstaaten bewirkt, die sich nicht auf unionsrechtlich anerkannte Rechtfertigungsgründe stützen lässt." Darüber hinaus werde ausländischen Verkehrsunternehmen "eine neue Belastung auferlegt, die in erheblichem Umfang durch eine nur den inländischen Verkehrsunternehmen zugute kommende Senkung der Kraftfahrzeugsteuer kompensiert wird." Das europäische Recht untersage "jede Verschlechterung im Verhältnis zwischen inländischen und ausländischen Verkehrsunternehmen." Die Europäische Kommission kam zu der Auffassung, die vereinbarte Lösung wahre das Recht der EU-Bürger auf Gleichbehandlung ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft, sorge für eine gerechte Infrastrukturfinanzierung und erleichtere den Übergang zu einer emissionsarmen Mobilität.

Am 6. Februar 2019 empfahl der schwedische Generalanwalt am EuGH Nils Wahl, die Klage Österreichs sei abzulehnen. Er verwarf dabei sowohl Österreichs Argument der Diskriminierung ausländischer Straßennutzer in Deutschland wie auch die angebliche Verzerrung des Binnenmarktes durch die Maut. Enttäuscht auf diese Empfehlung reagierten insbesondere Politiker der SPD und GRUENE . In diesem Zusammenhang wurde auch berichtet, einer Empfehlung des Generalanwalts würden die Richter zwar oft, aber nicht immer folgen.

Urteil des EuGH vom 18. Juni 2019 und seine Folgen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied in seinem Urteil vom 18. Juni 2019 in der Rechtssache C-591/17, dass die Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen durch Personenkraftwagen (sog. Pkw-Maut) gegen EU-Recht verstößt. Soweit eine Steuerentlastung bei der Kraftfahrzeugsteuer zugunsten der Halter von in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen mit einem Gesamtgewicht von bis zu 3,5 t in einer Höhe, die mindestens dem Betrag der Infrastrukturabgabe entspricht, stattfinden sollte, würden ausländische Fahrzeughalter diskriminiert.

Der EuGH führte hierzu weiter aus, "dass die strittigen nationalen Maßnahmen, indem sie die neue Belastung, die in der von allen Verkehrsunternehmen zu zahlenden Infrastrukturabgabe liegt, durch eine Steuerentlastung bei der Kraftfahrzeugsteuer in Höhe eines Betrags, der mindestens dem der entrichteten Abgabe entspricht, vollständig ausgleichen, die inländischen Verkehrsunternehmen zugutekommt und von der ausländische Verkehrsunternehmen ausgeschlossen sind, bewirken, dass die Lage der ausländischen Verkehrsunternehmen im Vergleich zu der der deutschen Verkehrsunternehmen in einem für Erstere ungünstigen Sinne verändert wird."

Bundeskanzlerin Angela Merkel, deren früherer Standpunkt war, dass es mit ihr eine PKW-Maut nicht geben werde, habe nach dem Urteil des EuGH ihr Bedauern über fehlende Mehreinnahmen im Bund in Höhe von bis zu 500 Mio. Euro geäußert.

Kündigung der Mautverträge und deren Offenlegung

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) veranlasste bereits am Abend des 18. Juni 2019 die Kündigung von Verträgen über die automatische Kontrolle und Erhebung der Maut. Von den Vertragskündigungen betroffen sind der österreichische Mautbetreiber Kapsch TrafficCom und der Ticketspezialist CTS Eventim.

Zur Frage, welcher Schaden verursacht wurde, habe das Bundesverkehrsministerium zwar einen umfangreichen Fragenkatalog beantwortet, jedoch zur Höhe der Kosten und möglichen Schadenersatzforderungen der gekündigten Mautbetreiber Kapsch und Eventim keine Angaben gemacht. Beim Abschluss der Verträge habe sich Verkehrsminister Scheuer (CSU) auf ein von ihm selbst in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten verlassen. Die Vielzahl der widersprüchlichen Gutachten zur Frage der Europarechtskonformität hätten dagegen keine Verträge mit hohen Entschädigungszahlungen gerechtfertigt.

Am 17. Juli 2019 teilte der Leiter von CTS Eventim mit, dass die Unternehmen CTS Eventim und Kapsch eine vollständige Offenlegung der Verträge befürworten. Bisher lehnten sie dies unter dem Verweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ab. In der darauf folgenden Woche sollte sich der Verkehrsausschuss des Bundestages in einer Sondersitzung mit der PKW-Maut und den Folgen für die Steuerzahler beschäftigen.

Das Bundesverkehrsministerium hat die beiden Mautverträge, den Vertrag über die Entwicklung, den Aufbau und den Betrieb eines Systems für die Erhebung der Infrastrukturabgabe vom 30. Dezember 2018 und in einem zweiten Schritt den Vertrag über die Planung, Entwicklung, Errichtung, den Betrieb und die Unterhaltung des automatischen ISA-Kontrolleinrichtungssystems vom 22. Oktober 2018 online gestellt. Auch die Vereinbarung über die Zustimmung des Auftraggebers zum Abschluss des Unterauftragnehmervertrages zwischen dem Betreiber und der Toll Collect GmbH ("Zustimmungsvereinbarung") und die Innenvereinbarung im Zusammenhang mit Unterauftragnehmerleistungen der Toll Collect GmbH zur Erhebung der Infrastrukturabgabe wurden veröffentlicht.

Schadenersatzforderungen der Mautbetreiber, Regressforderungen des Bundes

Die auf den Bund möglicherweise zukommenden Schadenersatzforderungen wurden in einer ersten Schätzung mit 500 Mio. Euro beziffert. Inzwischen sollen die GRUENEN von Kosten von mehr als einer Mrd. Euro ausgehen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wolle jedoch mögliche Rückforderungen des Bundes gegen die Mautbetreiber wegen Schlechtleistung prüfen lassen.

Update 05.07.2023 — Bund und Firmen einigen sich auf 243 Millionen Euro Schadenersatz wegen Pkw-Maut.

Quellen anzeigen https://www.stern.de/politik/deutschland/pkw-maut--bund-zahlt-firmen-243-millionen-euro-schadenersatz-33622770.html
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/gescheiterte-infrastrukturabgabe-bund-muss-243-millionen-euro-schadenersatz-wegen-pkw-maut-zahlen-a-11cff3cf-3bb3-4734-9f5a-4677d41c7185

Bund klagt wegen Pkw-Maut nicht gegen Scheuer (CSU)

28.12.2023 — Das Bundesverkehrsministerium unter Volker Wissing (FDP) will nun doch nicht gegen Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) klagen. Gutachter rieten von einer Klage ab.

Quellen anzeigen https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/verkehr-pkw-maut-bund-klagt-nicht-gegen-ex-verkehrsminister-scheuer-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-231228-99-429106
https://www.n-tv.de/politik/243-Millionen-Euro-Schaden-bei-Pkw-Maut-Verkehrsministerium-verzichtet-auf-Klage-gegen-Andreas-Scheuer-article24627101.html
https://www.golem.de/news/gescheiterte-pkw-maut-wissing-verzichtet-auf-klage-gegen-scheuer-2312-180673.html

Gutachten der Oppositionsparteien

Nach einem Medienbericht vom 25. August 2019 habe Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer nach Ansicht der GRUENEN gegen das Grundgesetz verstoßen. Zu diesem Schluss komme ein Gutachten, das Ulrich Hufeld und Florian Wagner-von Papp, zwei Professoren der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, im Auftrag der Bundestagsfraktion DIE GRUNEN erstellten. Danach wäre Scheuer auf den Deutschen Bundestag angewiesen gewesen, um den Vertrag zur Erhebung der Pkw-Maut abzuschließen. In dem Gutachten heiße es, das Bundesverkehrsministerium sei mit dem Vertrag ein Risiko ohne haushaltsrechtliche Deckung eingegangen. Garantieversprechen des Bundes bedürften jedoch einer gesetzlichen Ermächtigung (vgl. Ermächtigung, Rechtsgrundlage und Eingriffsermächtigung). Nachdem das Gutachten analysiert wurde, wollen die GRUENEN prüfen, ob der Fall vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen ist und weiter daran arbeiten, dass ein Untersuchungsausschuss eingerichtet wird. Auch FDP und LINKE fordern dies.

Die GRUENEN werfen Scheuer nach Meldungen vom 26. und 27. August 2019 auch unrichtige Angaben vor. Scheuer habe in der Sondersitzung des Verkehrsausschusses am 24. Juli 2019 erklärt, dass das Risiko eines negativen Urteils innerhalb des Bundesverkehrsministeriums "mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 15 Prozent" bewertet worden sei. Der GRUENEN-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler habe nach Durchsicht aller Unterlagen zum Risikomanagement kritisiert, dass nicht ersichtlich sei, wo die Eintrittswahrscheinlichkeit eines negativen EuGH-Urteils von bis zu 15 Prozentpunkten hergeleitet wurde und wo diese genau abbildet ist.

Über ein — von der FDP in Auftrag gegebenes — weiteres Gutachten wurde am 30. August 2019 berichtet. Das von Chatham Partners erstellte Gutachten komme zu dem Ergebnis, dass die im Vertrag über die Maut-Erhebung vereinbarten Kündigungsfolgen für den Auftraggeber Deutschland als unüblich nachteilig anzusehen seien. Wegen zahlreicher warnender Stimmen und des ungewissen Verfahrensausgangs habe ein besonderes Bedürfnis an einer den Auftraggeber und damit die Steuerzahler schützenden Regelung bestanden. Auf den Bund könnten nun erhebliche Forderungen zukommen. Das Verkehrsministerium habe die Darstellung zurückgewiesen. Die Verträge hätten in dieser Form nie unterzeichnet werden dürfen, sagte der FDP-Verkehrexperte Oliver Luksic in Bezug auf das Gutachten. Aufgrund der fehlenden Aufklärungsbereitschaft seitens Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), sei die Einberufung eines Untersuchungsausschusses die einzig logische Konsequenz.

Vorwurf der treuwidrigen Schädigung gegenüber der "autoTicket"

Nach Medienberichten vom 2. September 2019 werfe das Bundesverkehrsministerium der "autoTicket" den vorsätzlichen Versuch einer treuwidrigen Schädigung vor, während der Streit um die gescheiterte Pkw-Maut eskaliere. Das Unternehmen soll noch nach der Vertragskündigung durch den Bund sieben Verträge über eine Summe von mindestens 576 Mio. Euro unterschrieben haben, und zwar mit Firmen, die zu ihrer eigenen Unternehmensgruppe gehören. Die "autoTicket" sollte im Namen der Gesellschafter Kapsch TrafficCom (vgl. Kapsch AG, Kapsch BusinessCom) und CTS Eventim das Pkw-Mautsystem errichten. Inzwischen zeichne sich ein Disput über mögliche Schadenersatzforderungen von Hunderten Millionen Euro ab.

Kritik des Bundesrechnungshofs

Im Oktober 2019 rügte der Bundesrechnungshof das Vorgehen des Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer (CSU). Es sei "Vergaberecht verletzt" und "gegen Haushaltsrecht verstoßen" worden. Das Bundesverkehrsministerium wies sämtliche Vorwürfe zurück, während sowohl Oliver Luksic (FDP) als auch Sven-Christian Kindler (GRUENE) von gezieltem Rechtsbruch sprachen.

Untersuchungsausschuss

Am 28. November 2019 wurde mit den Stimmen der Fraktionen von FDP, GRUENE, LINKE und AfD bei Enthaltung der CDU/CSU und SPD der 2. Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages einberufen (siehe unten).

Pläne für eine allgemeine "Straßennutzungsgebühr"

Am 14. August 2019 wurde über einen neuen Ansatz nach der gescheiterten Pkw-Maut berichtet. Die Idee gehe in Richtung einer "Straßennutzungsgebühr", die alle zahlen sollen und komme aus Bayern und Baden-Württemberg, Bundesländern in Süddeutschland, die als "Autoländer" gelten. Die Gemeindetage von Bayern und Baden-Württemberg fordern, dass die Gebühr (doch noch) eingeführt wird. Uwe Brandl (CSU), Präsident des Bayerischen Gemeindetages: "Ich halte eine Maut für absolut sinnvoll". Für die Maut (oder vielmehr Straßennutzungsgebühr) wolle Brandl auch deutsche Autofahrer in Anspruch nehmen: "Ich finde es nur gerecht, dass jemand, der eine öffentliche Leistung nutzt, dafür auch bezahlt."

Roger Kehle, Präsident des Gemeindetages Baden-Württemberg und Vizepräsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes: "Wir brauchen eine Maut für alle". Kehle rege eine kilometerbezogene Maut für In- und Ausländer an, die Vielfahrer stärker belasten würde, und zwar f&uumL;r Bundesstraßen, Landesstraßen und kommunale Straßen. Kehle sagt, er glaube nicht, dass es dabei Entlastungen geben kann, fordere aber einen Ausgleich für Pendler. Eine "neue Maut" halte Kehle für dringend nötig, um einen Verkehrsinfarkt zu verhindern und die Verkehrswende zu finanzieren. Das gesamte Straßennetz in Deutschland umfasse 920.000 Kilometer, woran der kommunale Anteil bei rund 600.000 Kilometern liege. Analog der Verkehrswege müssten die Mittel nach Ansicht Kehles aufgeteilt werden. Schon seit Jahren sei die Verkehrsinfrastruktur unterfinanziert. Die Gelder müssten nicht nur dem Bund, sondern auch den Kommunen zugutekommen. Nicht zuletzt müsse eine "kluge Steuerungswirkung" stattfinden: "Der, der mehr fährt, muss mehr zahlen", so Kehle. Statt Verboten sollten aber "kluge Anreizsysteme" geschaffen werden. Eine "intelligente Maut" könnte jedoch teurer werden, wenn jemand zu Stoßzeiten in eine Metropole fährt. Eine solche Gebühr solle bei Fahrten mit Privatfahrzeugen elektronisch berechnet werden können.

2022

Eine Studie der Lobbyorganisation Agora Verkehrswende schlägt eine fahrleistungsabhängige Pkw-Maut auf Basis der technisch anspruchsvollen und teuren Lkw-Maut vor, um die wegbrechenden Mineralölsteuereinnahmen durch die Elektrifizierung des Pkw-Verkehrs zu kompensieren. Die einmaligen Kosten für die Errichtung des Pkw-Mautsystems würden geschätzt 2,5 Milliarden Euro, der Betrieb etwa 700 Millionen Euro pro Jahr betragen. Der Vorsitzende des Verkehrsausschuss, Udo Schiefner, möchte die PKW-Maut bis 2025 einführen.

Quellen anzeigen https://de.wikipedia.org/wiki/Pkw-Maut_in_Deutschland

Scheuers Pkw-Maut Vertuschung: Handydaten gelöscht

Nach alter CDU/CSU Tradition wurde nach dem Scheitern der Pkw-Maut die Handydaten von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gelöscht.

Das Brauchtum geht auf Helmut "Backout" Kohl zurück, der sich in kritischen Punkten nie an etwas erinnern konnte. Er war der Erfinder des Blackout. Auch der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz ist stolz auf diesen Brauchtum, denn in der Warburg-Affäre konnte er sich auch nicht mehr an etwas erinnern. oder der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nutzte diesen Brauch ebenfalls.

Im Zeitalter der Technik wurde Kohls Erfindung weiterentwickelt: Mit der Erfindung des Handy konnte man nun auch belastende Beweise und SMS einfach auf dem Handy löschen. Das funktionierte bei der Berateraffäre im Verteidigungsministerium unter der Herrschaft der früheren Verteidigungsministerin und heutigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Auch als EU-Chefin nutzte Von der Leyen die Tradition fort: Netzpolitik.org schrieb: Von der Leyen verweigert Auskunft über angebliche SMS zu Milliardendeal mit Pfizer (Corona-Affäre).

Nicht zu vergessen auch Angela Merkel — der Azubi von Helmut Kohl. Auch die lehnte die Herausgebe von Handy-Daten ab. Zuletzt lehnte das Verwaltungsgericht Berlin Ende 2021 einen Eilantrag der Transparenzplattform "FragDenStaat" auf Sicherung vnn Merkels Handys ab. "Ob Koordination des Guttenberg-Rücktritts oder Lobby-Anbahnungen per SMS — die Handy-Jahre der Kanzlerin prägten die Art, wie wichtige Entscheidungen der Bundesregierung seit 2005 zustande kamen", schrieb das Portal damals. Mit dem Eilantrag hatte es den Verlust von Nachrichten verhindern wollen, die den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan und die anschließenden Evakuierungsaktionen betreffen. "Schon lange werden Informationen von Kanzlern, die eigentlich Eigentum des Staates sind, behandelt, als seien sie Privatbesitz der Regierenden", so die Transparenzplattform. Als Beispiel nannte sie Aktenordner aus dem Kanzleramt, die Merkels Ex-Büroleiterin einem Spiegel-Bericht zufolge mit nach Hause nahm, um sie als Grundlage für eine Autobiografie zu nutzen.

Quellen anzeigen https://www.tagesschau.de/inland/scheuer-handydaten-geloescht-101.html
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/pkw-maut-andreas-scheuer-handydaten-von-verkehrsminister-geloescht-a-8e1dfc71-1e06-4948-91cb-bf9c00810f51
https://web.de/magazine/politik/ministerin-spiegel-politikerinnen-politiker-aerger-sms-36679818

"Vertuschung wichtiger Informationen": Scheuer zahlt Anwälten 5,8 Millionen Euro

23. Juni 2021 — Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat Millionen Steuergelder an Anwälte bezahlt, um Bürgerfragen zu blockieren oder unliebsame Fragen von Anwäten beantworten zu lassen. Zwischen 2017 und 2020 zahlt Scheuer rund 5,8 Millionen Euro an Anwäte, um 19 verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und dem Umweltinformationsgesetz zu beantworten — natürlich aus Steuergelder.

Quellen anzeigen https://www.tagesspiegel.de/politik/vertuschung-wichtiger-informationen-kostenexplosion-bei-scheuers-honoraren-fuer-anwaelte/27312338.html
https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_90302880/pkw-maut-scheuer-zahlt-millionen-an-anwaelte-um-buergerfragen-abzublocken.html

Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut

Der 2. Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages ist ein Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags. Er soll das Verhalten der Bundesregierung, insbesondere des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und seiner nachgeordneten Behörden, seit Unterzeichnung des Koalitionsvertrages zwischen CDU/CSU und SPD für die 18. Wahlperiode im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Einführung der Infrastrukturabgabe (Pkw-Maut) umfassend aufklären. Wegen dieses Hintergrundes wird der Ausschuss auch Pkw-Maut-Untersuchungsausschuss oder teilweise Mautaffäre-Untersuchungsausschuss genannt.

Am 25. Oktober 2019 brachten die Oppositionsfraktionen des 19. deutschen Bundestages in der Drucksache 19/14290 einen Antrag ins Plenum ein, den zweiten parlamentarischen Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode einzusetzen. Die tragenden Oppositionsfraktionen sind FDP, LINKE und GRUENE.

Der Antrag wurde an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen, wo er am 7. November 2019 nach dem Minderheitenrecht beschlossen wurde. Am 28. November 2019 wurde der 2. Untersuchungsausschuss zur "Pkw-Maut-Affäre" vom Plenum beschlossen und eingesetzt. Der Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut ist der zweite Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode und nahm seine öffentliche Arbeit mit einer Sachverständigenanhörung am 16. Januar 2020 auf.

Mitglieder des Untersuchungsausschusses

Den Vorsitz des Untersuchungsausschusses führte Udo Schiefner (SPD). Die stellvertretende Vorsitzende für die Unionsfraktion war Nina Warken, die bereits Mitglied des NSA-Untersuchungsausschusses war. Die SPD entsandte die verkehrspolitische Sprecherin Kirsten Lühmann in den Ausschuss. Oliver Luksic und Christian Jung vertraten die FDP in dem Ausschuss, Jörg Cezanne die Fraktion DIE LINKE. Wolfgang Wiehle, AfD, gehörte ebenfalls dem Untersuchungsausschuss an. Weitere Mitglieder des Bundestages gingen als stellvertretende Mitglieder in den Ausschuss.

Hintergrund

Ziel der geplanten Pkw-Maut war eine Infrastrukturabgabe für die Nutzung von Personenkraftwagen auf Autobahnen, die deutsche Nutzer allerdings wieder erstattet bekommen sollten. Dieses Modell erklärte der Europäische Gerichtshof im Juni 2019 aufgrund der Ungleichbehandlung von Inländern und EU-Ausländern für unzulässig.

Einem kurz darauf erschienenen Bericht der Zeitschrift Capital zufolge wollte der seit März 2018 amtierende Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bis Ende jenen Jahres, also noch vor der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs — trotz rechtlicher Bedenken von Juristen des Bundesverkehrsministeriums —, einen schnellen Vertragsschluss mit den künftigen Betreibern der Pkw-Mautstellen herbeiführen. Hierzu habe es mehrere — dem Bundestag nicht bekannte — Treffen gegeben. Durch den überhasteten Vertragsschluss sowie mögliche Fehler im Vergabeprozess seien unnötig hohe Schadensersatzforderungen der Betreibergesellschaften entstanden. Betreiber der PKW-Maut sollte die autoTicket GmbH werden, ein Konsortium aus dem Ticketvermarkter CTS Eventim und dem österreichischen Traffic-Systemanbieter Kapsch AG. Dieses Konsortium trat als Bietergemeinschaft mit dem Namen Paspagon auf. Am 19. Dezember 2019 meldete das Konsortium die Forderung nach einem Schadenersatz in Höhe von 560 Mio. Euro an, was weit über den bisherigen Vermutungen von rund 300 Mio. Euro lag.

Untersuchungsauftrag

Nach dem Willen der Opposition sollte im Untersuchungsausschuss geklärt werden, welche Entscheidungen durch den jeweils amtierenden Verkehrsminister persönlich "im Hinblick auf die geplante Infrastrukturabgabe aus welchen Gründen gefällt" wurden. Minister im fraglichen Zeitraum waren Alexander Dobrindt (CSU) und Andreas Scheuer (CSU). Weiter sollte der Ausschuss herausfinden, ob der Bundestag in den Planungs- und Projektzeiträumen jeweils umfassend und zeitnah über mögliche Risiken und politische Verpflichtungen informiert wurde. Insgesamt sollte es dreizehn Untersuchungsgegenstände geben.

Rolle Andreas Scheuer

Im Zuge der Untersuchungen beantragte der Ausschuss die Herausgabe der Handydaten von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Das Verkehrsministerium räumte in der zweiten Sitzung des Ausschusses ein, dass die Daten auf dem Telefon bereits gelöscht wurden und wohl unwiederbringlich verloren sind.

Rolle Guido Beermann

Ebenfalls beantragte der Untersuchungsausschuss die Herausgabe der Handydaten des ehemaligen Staatssekretärs Guido Beermann. Auch diese Daten wurden nach seinem Ausscheiden als Staatssekretär gelöscht, obwohl der Untersuchungsausschuss zu diesem Zeitpunkt schon absehbar war.

Aussagen von Peter Ramsauer und Horst Seehofer

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wies bei seiner Zeugenvernehmung Vorwürfe zurück, soweit sie sich gegen ihn richten. Er habe "alles richtig gemacht". Sowohl Bundestag als auch Bundesrat hätten dem Projekt zugestimmt. Wäre er aktuell Parteichef, würde er erneut eine Pkw-Maut favorisieren, aber mit einem stärkeren Gewicht auf Klimaschutz.

Vorangegangen war drei Monate zuvor eine Aussage des früheren Bundesverkehrsministers Peter Ramsauer (CSU), der darin auf die Verantwortung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) verwiesen habe. Sie hätten "sehenden Auges eine europarechtliche Unmöglichkeit der Pkw-Maut in den Koalitionsvertrag von 2013 hineinverhandelt".

Seehofer räumte ein, dass Ramsauer bei den Koalitionsverhandlungen 2013 Zweifel anmeldete, machte aber deutlich, dass er (Seehofer) damals ein Wahlversprechen abgab, dass deutsche Fahrzeughalter nicht zusätzlich belastet werden sollen, und sagte: "Ich war überzeugt, dass es geht". Er könne doch nicht kurz nach der Wahl die Öffentlichkeit damit überraschen, "dass es nun doch Verlierer geben müsse". Während seiner langen politischen Karriere habe er schon oft erlebt, dass vieles, was bei der EU-Kommission umstritten war, in Verhandlungen doch noch übereinstimmend gelöst werden konnte. Seehofer habe auch darauf hingewiesen, dass der damalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt Ende 2016 für ein leicht geändertes Maut-Modell von der EU-Kommission "grünes Licht" erhielt. Er (Seehofer) habe aber keine Minute daran gezweifelt, dass dieses keinen Bestand vor dem EuGH gehabt hätte.

Quellen anzeigen https://de.wikipedia.org/wiki/2._Untersuchungsausschuss_der_19._Wahlperiode_des_Deutschen_Bundestages